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miklautz / echzehn: denkspielraum

„… Auf einer simplen Ebene manifestiert das Spielerische sich im Spiel mit Worten und im Einfügen von eher abgelegenen Ideen. Ich bringe dann beispielsweise ein Zitat ins Spiel, oder irgendeinen Essay, der einen ganz anderen Bereich berührt, aus einer ganz anderen Welt kommt; das wäre eine Form des spielerischen Umgangs. (A.E.: Ein Spiel auch mit einem Ziel, nämlich zum Beispiel des Zeigens von etwas?) Nein, nein, gar nicht, das macht mir Vergnügen, das ist kein Zeigespiel, das ist ein autoerotisches Vergnügen …“


Elfie Miklautz, interviewt am 25./26.07.12 von Adreis Echzehn, Dauer 3:10 Stunden

A.E.: Hello, my friends, here is radio freeberghof with the interview of the day, it is Wednesday, the 25th of July, 2012, and we have only, let me see, only 44 questions, too much or not too much, so just to get us started, what’s your name? Also, wir haben das Interview, die Interviewte heißt Elfie Miklautz, und das ist ein sogenanntes Horizontalinterview, was die Lage der Interviewten und des Interviewers angeht, es geht um, worum geht es, um Kunst, Kunst und Wissenschaft und Arbeitsweisen. Ok, erste Frage, wie fängst du mit einer neuen Arbeit an, angenommen du hättest schon eine Idee?

E.M.: … ich fange an zu recherchieren, ich suche nach Texten, die mich inspirieren, ich lese mal ein bisschen kreuz und quer, dazu gehört auch Belletristik, ich lese nicht nur wissenschaftliche Texte dazu, und ich lese es nicht systematisch und nicht vollständig, sondern eher nach Gutdünken, nach meinem Gutdünken.

A.E.: Das heißt eine  Selektion von Lektüre oder von Recherchelektüre findet statt, eventuell sogar nach Standpunkten, die dir sympathischer sind, oder nicht sympathischer, im Zusammenhang mit der Idee oder mit dem Projekt.

E.M.: Ich suche nach mir sympathischen, nach mir nahe gelegenen Texten.

A.E.: Angenommen, eine neue Arbeit, wissenschaftlich oder künstlerisch, diente dazu, irgendetwas Neues auch für sich selber zu erfahren, ist das dann sinnvoll, auch einen Filter drin zu haben, der das schon Bekannte, also das Sympathische, und damit natürlich schon Bekannte, bevorzugt?

E.M.: Also ich finde, dass es ohne Lektüre, fände ich es eigentlich nicht statthaft, das heißt, ich halte es für wichtig, einen Überblick zu haben, über bislang zu einem Thema, mit dem ich mich beschäftige, Geschriebenes, natürlich nicht in allen Disziplinen, also man wählt vorweg einen Ausschnitt, indem man sich auf bestimmte wissenschaftliche Disziplinen beschränkt, und indem man sich innerhalb dieser Disziplinen auf Autoren beschränkt, von denen man, ja ich sage einmal erhofft, dort etwas zu finden, das weiterführt, oder das anregt weiterzudenken, und ich fände es, ja, unzulässig, unzulässig ist nicht das richtige Wort, ich fände es auch gar nicht sinnvoll, so zu tun, als hätte noch nie jemand über ein Thema nachgedacht, mit dem man sich beschäftigt, und das alles außen vor zulassen.

A.E.: Ja, wie kommst du zu so einem Thema, demnach dadurch, dass du irgendetwas liest, das du weiterführen willst, oder wie kommt ein Thema zu dir?

E.M.: Nein, nein, nein, die Themen, mit denen ich mich beschäftige, so stellt sich jedenfalls immer im Laufe der Zeit heraus, hängen in irgendeiner Weise mit etwas zusammen, das mich fasziniert.

A.E.: Aber wie erfährst du von etwas, das dich fasziniert?

E.M.: Das ist in mir, das entsteht in mir, das wächst in mir, das bildet sich in mir.

A.E.: Wo ist der Kick, vom Wachstum, vom Erlebnis, zur Bewusstwerdung, das ist ein Thema, ein Arbeitsthema, was kann alles der Kick sein, ein persönliches Erlebnis, eine Schaufensterscheibe, ein Seitenblick aus dem Badezimmerfenster, ein …?

E.M.: Das sind, Themen sind keine spontan auftauchenden Assoziationen, sondern von lange herangereift.

A.E.: Ja, das ist mir klar, die Frage lautet, wo ist der Kick, wenn etwas lange Heranreifendes plötzlich auf der Bewusstseinsebene zu einem Arbeitsthema wird, zu einer Aufgabe?

E.M.: Das weiß ich nicht, ich versuche das einmal an den letzten Themen zu überlegen, es ist ja auch manchmal so, dass ein Thema zu mir kommt in der Weise, dass es einen Anlass gibt, für den ich etwas tue, und dieser Anlass ist meistens in irgendeiner Weise gerahmt, hat also schon ein bestimmtes Thema, oder einen Themenbereich, innerhalb dessen suche ich dann eigentlich in mir nach dem Fokus, der innerhalb dieses Rahmens für mich einer ist, den ich spannend finde.

A.E.: Werde einmal konkret, bitte.

E.M.: Ja, angenommen es gibt eine Tagung zum Thema Musik und Sprache beispielsweise [A.E.: Ja, das Beispiel hatte ich jetzt erhofft, eben.], ja dann finde ich das zunächst einmal anregend, es gibt ja viele Tagungen, die mich nicht anregen, und zu denen ich mich nicht anmelde als Beitragende, oder wenn ich angefragt werde, ob ich da etwas machen möchte, nicht darauf antworte, ja unbedingt, sondern ich reagiere also vorweg nur auf jene Ausschreibungen oder Einladungen, die thematisch [A.E.: Dich anfixen.], ja mich anfixen, und innerhalb dessen suche ich dann quasi in mir, wo meine Andockstellen sind zu diesem größeren Thema.

A.E.: Das heißt du kennst in dieser Phase deines Lebens zumindest die Themenbereiche, die du auch interessant finden wirst, schon relativ gut, kann man das so sagen?

E.M.: Ähm, ja, ja, es ist so wie ein Rhizom, das in mir ist, also wie so ein Pilzmyzel, es sind so Netze gespannt, die dann Verbindungen ergeben zu etwas, das vorher überhaupt nicht in meinem Bewusstseins- und Interessenshorizont war, wo ich aber durch eine Verbindung hinkomme, beispielsweise habe ich mich sehr viel mit dem Thema Symbol, Symbolisierung beschäftigt, damit kann man sich im Bereich der Kunst beschäftigen, damit kann man sich im Bereich der Alltagsproduktwelt beschäftigen.

A.E.: Sag mir einmal ein Beispiel bitte, für ein Thema aus dem Bereich Symbol, Symbolisierung, mit dem du dich beschäftigt hast.

E.M.: Ich habe mich mit Symbolen im Zusammenhang mit Kunstwerken beschäftigt, also wie eben Symbolisierungsprozesse von statten gehen.

A.E.: Das verstehe ich nicht bisher, was ist ein Symbolisierungsprozess?

E.M.: Also jedes Kunstwerk vollzieht einen Prozess, in dem etwas symbolisiert wird, in dem etwas zur Darstellung gebracht wird, oder vorgestellt wird, aber nicht im buchstäblichen Sinn, sondern in einer Art von Verkleidung gewissermaßen, und das ist ein Symbolisierungsakt, also etwas steht für etwas anderes.

A.E.: Welche Art Kunstwerke hast du genommen in deinen Untersuchungen?

E.M.: Ich habe mich mit der Malerei beschäftigt eine Zeit lang, und zwar mit eigentlich einer sehr beschränkten Zeit, nämlich mit der Malerei der Renaissance, und das habe ich einige Jahre gemacht, und wusste dann, dass ich mit Kunst nicht weitermachen kann, und habe gemerkt, dass ich beispielsweise über Produkte genauso nachdenken kann, wie über Kunstwerke [A.E.: Auch im Sinn von Symbolisierung?], weil auch Produkte Symbole sind [A.E.: Wofür?], also Produkte stehen für etwas, das kann man eben dann an jedem Produkt gewissermaßen untersuchen, wofür es steht.

A.E.: Ok, eine Sache, die ich bei dir liebe, sind Staubsauger, wofür stehen Staubsauger?

E.M.: Staubsauger stehen für Oralität, für die Welt in sich hineinfressen, für ein Aneignungsbedürfnis, für den Tod im Sinne von Ordnung herstellen und alles Lebendige ausgrenzen, Staubsauger stehen für ein System schaffen und aus diesem System alles ausgrenzen, was nicht in diesem System Platz haben soll, Staubsauger stehen für mütterliche Aufträge, Staubsauger stehen für Kosmologien, im Sinne von, ja, Phantasien, was ist rein und was ist schmutzig.

A.E.: Welche Rollen spielen Staubsauger in deinem Leben, wie groß ist der Anteil von Staubsaugern, beziehungsweise dessen, was sie symbolisieren, in deinem eigenen Leben, und in diesem Rhizom, aus dem du Themen schöpfst?

E.M.: Staubsauger sind für mich vor allem Aggressionsinstrumente, wegen des Lärms, den sie produzieren, es ist eine aggressive Raumeroberung und Vertreibung, wenn jemand anderer mit dem Staubsauger sich in einem Raum, in dem ich mich aufhalte, zu schaffen macht.

A.E.: Gut, das tut niemand, der ein Mindestmaß an Sensibilität hat, hoffe ich. Wenn du einen Staubsauger hättest, oder hast, hast ja einen, einen weißen Staubsauger, und du hättest nur ihn, du solltest nicht über ihn nachdenken, und über seinen Symbolwert, sondern du solltest aus ihm ein Kunstwerk machen, und du hättest genau die nächsten zehn Sekunden Zeit, dir das zu überlegen, was wäre das?

E.M.: Ich würde eine Geräuschinstallation machen damit.

A.E.: Aggressiv oder defensiv?

E.M.: Ich würde die Art des Geräusches variieren, also ich würde das, was daran aggressiv ist, maximieren, und besonders deutlich spürbar werden lassen, aber auch so ein sanftes Rauschen, sozusagen als Alternative, zeigen.

A.E.: Geht Kunst machen schneller, als über Staubsauger nachdenken, Staubsaugerkunst machen?

E.M.: Nein, nein, im übrigen wird da auch nachgedacht [A.E.: Mhm.].

A.E.: Staubsaugerproduktwelt, als du mit Kunst durch warst, also mit der Kunstwelt im Sinne des Nachdenkens über Symbole, ging es in die Produktwelt. Dass du eine große Untersuchung, von der ich weiß, und die ich sehr schätze, gestartet hast über Staubsauger, hat das etwas mit deinem Leben zu tun, also könntest du dir vorstellen, dass du auf Staubsauger gekommen bist, dass die Idee Staubsauger als Beispiel zu dir kam, wegen zum Beispiel des Symbolgehalts mütterlicher Auftrag, ich greife jetzt willkürlich einen heraus?

E.M.: Ja, das ist ein bisschen schwer zu beantworten, weil ich kann da schon etwas konstruieren, das ist nicht schwer, aber wir waren mehrere, die sich für ein Ding entschieden haben, und wir wollten ein völlig unspektakuläres Gerät, ein technisches Alltagsgerät herausgreifen.

A.E.: Ich verallgemeinere die Frage, jetzt nicht auf Staubsauger, sondern überhaupt auf irgendwelche oder alle Themen, die bisher zu dir kamen, oder die du dir gesucht hast, die aus deinem Rhizom entsprossen sind, kann man eine Art von Muster feststellen, dass Themen, die zu dir kamen, oder die du dir gegriffen hast, mit deinem eigenen Leben zu tun haben, wenn ja, sehr viel, oder nur am Rande oder würdest du …?

E.M.: Elementar und im Zentrum.

A.E.: Elementar und im Zentrum, also auch als Kausalität, könntest du dir Leute vorstellen, Wissenschaftler und/oder Künstler, bei denen das nicht so ist, oder hältst du das für ein allgemeines Gesetz, dass in einer Arbeit, sei es Wissenschaft oder Kunst, das eigene Leben eine zumindest thematisch bestimmende Rolle spielt?

E.M.: Also ich halte es für häufig vorkommend, ich halte es in der Kunst für wahrscheinlicher als in der Wissenschaft, in der Wissenschaft ist es eher ein bisschen schwieriger, also insbesondere in anderen wissenschaftlichen Disziplinen ist es mitunter über mehrere Übersetzungen nur möglich, da eine Verbindung herzustellen, aber ja ich denke, dass es immer so eine Verbindung gibt, es sei denn es gibt das Gegenteil, nämlich die Flucht, also wenn man Wissenschaft betreibt, auch um vor sich zu flüchten, und sich nicht mit der eigenen Geschichte auseinandersetzen zu müssen, dann gibt es natürlich Themen, die dazu auch sehr gut brauchbar sind.

A.E.: Aber auch die Flucht ist eine direkte Verbindung mit dem eigenen Leben.

E.M.: Ja eh, aber eben invers.

A.E.: Genau, ich stelle jetzt einmal ein paar schnelle Fragen hintereinander, in der Hoffnung auf so eine Ball-Hin-und-Her-Wurf-Antwort, die nächsten Fragen passen für so etwas, finde ich, ganz gut, also Ja/Nein-Fragen eigentlich, und mit einem kurzen Satz dran wenn es geht, wenn es länger wird, geht auch. Stellt dich deine eigene Arbeit in Frage? Beginnst du zu zweifeln, also ich erweitere, oder ich präzisiere die Frage in meinem Sinne.

E.M.: Ja …

A.E.: Also wenn diese Arbeit klappt oder nicht klappt, beeinflusst das die gesamte Person, oder nur den Bereich, in deinem Fall nehmen wir jetzt einmal den wissenschaftlichen Bereich, erstmal?

E.M.: Nein, das geht aufs Ganze.

A.E.: Zweifelst du dann ganz an dir, wenn du in der Arbeit steckst zum Beispiel, wenn du feststeckst [E.M.: Ja.], dann zweifelt die ganze Frau Miklautz an sich, und an der ganzen Frau Miklautz [E.M.: Ja, ja.], findest du das richtig?

E.M.: Ja.

A.E.: Und logisch?

E.M.: Das ist mir egal [A.E.: Ok.], ich finde es insofern richtig, als ich das als positiv empfinde, dass man mit einer Arbeit in dieser Weise verbunden ist, dass sie einen nicht unberührt lässt, also dass sie sozusagen den ganzen Menschen, wenn man so will, fordert.

A.E.: Ok, angenommen du wirst gefordert und du zweifelst nicht, ähm, dir kommen Zweifel oder du steckst irgendwie fest, dann zweifelst du an der gesamten Person, wie gerade gesagt, was tust du dagegen, gegen das Feststecken? Sitzenbleiben, weitermachen, sich ablenken, kämpfen?

E.M.: Ich muss immer ein bisschen länger nachdenken über Fragen, die du stellst, von dieser Reichweite, ähm, wenn ich feststecke, dann mache ich auch nicht wirklich etwas anderes, sondern bin unzufrieden und warte, bis sich das ändert.

A.E.: Das Warten, beinhaltet das weiter darüber nachzudenken, oder sich ablenken, und darauf zu warten, dass quasi von alleine die Fortsetzung aus irgendwelchen nicht bewussten Tiefen heraufsteige?

E.M.: Letztlich ist das genauso, dass die Fortsetzung dann so passiert, aber ich lenke mich, also das wäre falsch zu sagen, ich lenke mich ab, ich mache dann zwar andere Dinge, irgendwelche banalen Aktivitäten, aber es ist nicht so, dass das gelingt, dass ich dann abgelenkt bin, ich mache zwar irgendetwas anderes, denke aber trotzdem daran, was ich eigentlich machen will, und was jetzt nicht möglich ist.

A.E.: Wenn wir die Situation annehmen, in der man feststeckt, ich nehme jetzt einfach einmal eine an bei dir, und die heißt ich schreibe die Endfassung eines Essays über ein bestimmtes Thema, und habe mir natürlich vorher überlegt, oder du hattest überlegt, bevor du überhaupt anfingst zu schreiben, wie das ungefähr laufen solle, oder schon sogar genauer laufen solle, hast recherchiert, und merkst während des Schreibens, während einer einem selbst auch bewußten Endfassung, ok, das habe ich mir bisher nicht so richtig überlegt gehabt, gut, dann sagst du ok, ich tue zwar etwas anderes, aber ich denke weiter darüber nach, aber du nimmst ja trotzdem wenn du steckst, so habe ich dich verstanden, Druck heraus, oder bleibt dieser Druck an der Stelle, an der man sich festgefressen hat, und merkt, oh, da geht es nicht weiter, so eine Art kleiner innerer Schock vielleicht, bleibt dieser Druck, oder dieser Schockzustand die ganze Zeit bis es weitergeht, oder gibt es da eine Art von Entspannung, eben dadurch, dass man etwas anderes tut, jetzt nicht wirklich was anderes, aber …?

E.M.: Entspannung gibt es nicht, aber so ein Abdämpfen, also man kann das ja dämpfen.

A.E.: Aber du bleibst trotzdem drauf auf der Schiene?

E.M.: Ja, also ganz schlimm ist es, wenn ich, es kommt natürlich auch vor, da ganz rauszufallen, das ist aber nicht von Vorteil, ganz loszulassen.

A.E.: Woher weißt du das, dass es von Nachteil sei?

E.M.: Weil ich weiß wie viel Kraft es mich kostet und wie viel Zeit, um wieder reinzukommen, in diesen Arbeitsprozess, in dieses Thema, in diese Beschäftigung, das kostet mich eine Woche, bis ich überhaupt wieder weiß, in welcher Welt ich …, also ich weiß, ich muss in eine Welt einsteigen, und das dauert mehrere Tage, meistens ungefähr eine Woche, bis ich dort überhaupt angekommen bin, und insofern ist es schlecht, da ganz rauszugehen.

A.E.: Das heißt, wenn du einmal drin bist, dann achtest du auch schon streng darauf, drin zu bleiben, weil du weißt wie viel Kraft es kosten würde wieder neu einzusteigen [E.M.: Mhm.], diese Strenge, also diese Art von Selbstdisziplin, die du ja gut begründest, und die Art von Verfahren eben auf keinen Fall rauszugehen, wenn man einmal hängt, hat nichts, jedenfalls klingt es jetzt gerade so, nichts Spielerisches [E.M.: Richtig.], da aber Wissenschaft und Kunst, wenn man irgendetwas verfasst, ob das nun ein Essay ist oder ob man ein Bild malt, oder sonst etwas, nach Auffassung des bescheidenen Interviewers sehr viel auch mit der Selbsterlaubnis zum Spielen zu tun haben, deswegen die Frage, wo ist bei deiner Arbeit das Spiel, oder das Spielerische?

E.M.: Ok, da habe ich Antworten auf mehreren Ebenen, auf einer simplen Ebene besteht das Spielerische im Spiel mit Worten, also ähm, das Spiel mit Worten, und im Einfügen von, sage ich jetzt einmal, eher abgelegenen Ideen, also ich bringe dann beispielsweise ein Zitat ins Spiel, oder irgendein Essay, das aus einem völlig anderen Zusammenhang stammt, einen ganz anderen Bereich berührt, aus einer ganz anderen Welt kommt, das wäre eine Form des spielerischen Umgangs.

A.E.: Das ist ein intellektuelles Spiel?

E.M.: Ja.

A.E.: Ein Spiel auch mit einem Ziel, nämlich zum Beispiel Spiele des Aufrüttelns, oder des Zeigens von etwas?

E.M.: Nein, nein gar nicht, das macht mir Vergnügen, das ist kein Zeigespiel, das ist ein autoerotisches Vergnügen.

A.E.: Sehr schön.

E.M.: Aber es gibt ja, ich sagte ja, dass es mehrere Ebenen gebe auf die Frage nach dem Spielerischen in der Arbeit, wo das eine Rolle spielen kann, es gibt eine Ebene, in der mir das spielerische Umgehen mit einem Thema abgeht, auf dieser Ebene weiß ich, dass ich mehr spielen möchte, aber nicht über die entsprechende Freiheit verfüge, die innere Freiheit das auch zu tun, und auch nicht über das Wissen, wie man denn überhaupt in diesem Zusammenhang spielt.

A.E.: Wie könntest du dir vorstellen zu dieser inneren Freiheit zu gelangen, die für zweckfreies Spiel notwendig ist [E.M.: Tja.], deiner Ansicht nach, also so deiner geäußerten Ansicht nach, also wie schafft man es, sich diese Freiheit zu nehmen? In der Kunst wie in der Wissenschaft ist das eine legitime und wichtige Frage, ich finde auch für beide gleichermaßen.

E.M.: Ich würde meinen, dass Kunst überhaupt nicht funktioniert, wenn sie dieses Element nicht in sich enthält.

A.E.: Darauf habe ich gewartet, jetzt kommt die Frage sofort hinterher, bist du der Meinung, das funktioniert in der Wissenschaft?

E.M.: Ob Wissenschaft ohne spielerische Anteile funktionieren kann? Natürlich.

A.E.: Im ursprünglichen Sinn und Definition der Wissenschaft, aus Bekanntem etwas Neues zu machen, zum Beispiel, etwas zu folgern, etwas zu erschließen, etwas bisher Unbekanntes zu erschließen.

E.M.: Ja, dafür kann es strenge methodische Wege geben, und die gibt es ja auch, und dann muss man ja, mehr noch, da darf man nicht viel herumspielen daran.

A.E.: In der Wissenschaftsgeschichte, das was in der heutigen Wissenschaft als paradigmatische Neuerungen oder paradigmenwechselnde Neuerungen anerkannt sind, da würdest du sagen, das sei eher einer strengen Methodik zu verdanken als einem auch spielerischen Zugang? Ich nehme das Beispiel Relativitätstheorie aus der Naturwissenschaft …

E.M.: Ok, ich bin keine Naturwissenschaftlerin, ich kann über die wenig Aussagen machen, ob das sozusagen spielerische Vorgangsweisen waren, die zu solchen bahnbrechenden Entdeckungen geführt haben, das weiß ich nicht.

A.E.: Ok, wir nehmen die Aufklärung, zum Beispiel, spielerisch oder methodisch? Die ersten Leute, lass uns Kant nehmen.

E.M.: Neues zu denken kann eine ganz strenge Kammer sein, das muss überhaupt nicht spielerisch sein.

A.E.: Warum hast du das dann vorhin als Defizit von dir definiert, im Sinne des wissenschaftlichen Arbeitens?

E.M.: Weil ich es reizvoll finde, um sozusagen, eigentlich reizvoll finde, müsste man dann sagen, eine künstlerische Arbeitsweise in die Wissenschaft zu transferieren, ich würde aber nicht davon ausgehen, dass das ein Standard in der Wissenschaft ist.

A.E.: Das Spielerische?

E.M.: Ja.

A.E.: Und auch nicht sein sollte, sondern das ist ein persönlicher Wunsch für dein Arbeiten?

E.M.: Das kommt darauf an, was man macht, also grundsätzlich ist es natürlich sinnvoll, sich die Optionenvielfalt zu öffnen, indem man einmal mit den unmöglichsten Möglichkeiten auch spielerisch versucht weiterzukommen.

A.E.: Darauf wollte ich hinaus, Fragestellungen, die nicht aus einer Methodik sich logisch entwickeln lassen, sondern die aus einem völlig anderen Blickwinkel rangehen.

E.M.: Ja, das reicht für mich.

A.E.: Ich finde das ja auch einen konstitutiven Bestandteil von Wissenschaft, so wie ich Wissenschaft verstehe oder wenn ich Ergebnisse lese, oder versuche nachzuvollziehen, die in der Historie so revolutionär waren, oder revolutionär zu sein versprechen in der Gegenwart oder für die Zukunft, dann sind das Fragestellungen, die aus keiner Methodik kommen, sondern über die in der Gegenwart der jeweiligen Fragestellung zumindest gelächelt, wenn nicht erzürnt reagiert wurde, und das ist, also das Spiel, wie du es selbst nennst, das Spiel mit dem Unmöglichen oder mit dem Nicht-Logischen in der Wissenschaft, das würde dann der Methodik, die du in Unterscheidung zur Kunst für die Wissenschaft für konstitutiv hältst, widersprechen?

E.M.: Mhm..

A.E.: Oder würdest du sagen …

E.M.: Das geht mir zu schnell, zu schnell, langsam!

A.E.: Ok, Frage anders gestellt, wenn in der allgemeinen Wissenschaft eher die Methodik als strenge Kammer auch zu Fortschritt führt, du aber für dich, als Wissenschaftlerin, gerne die Fähigkeit zum Spielen mehr in deine Arbeit integrieren würdest, wärest du dann, wenn dir das gelänge, weniger Wissenschaftlerin?

E.M.: Nein.

A.E.: Gut, das wollte ich hören. Leidenschaft, quasi das ernste Spiel, welche Rolle spielt die?

E.M.: In meiner Arbeit?

A.E.: Mhm.

E.M.: Ich kann nicht arbeiten, wenn ich das nicht leidenschaftlich tue.

A.E.: Definiere mir Leidenschaft, also für dich, leidenschaftliches Arbeiten.

E.M.: Das Thema, mit dem ich mich beschäftige, muss mich anziehen, und zwar im sehr großen Ausmaß.

A.E.: Also anziehen sogar in Richtung erregen, aufregen?

E.M.: Aufregen nicht unbedingt, erregen schon ja, also es muss so ein Stachel dran sein.

A.E.: Eine Art Abenteuer vielleicht auch?

E.M.: Nein.

A.E.: Dessen Ausgang man noch nicht kennt, also eine ursprüngliche Definition von Abenteuer, eine der ursprünglichen Definitionen lautet, etwas, dessen Ausgang ungewiss ist.

E.M.: Das ja sowieso, also das ist ja immer der Fall, das ist nicht das besonders Reizvolle daran, und ein leidenschaftliches Verhältnis zu einer Sache zu haben, heißt nicht unbedingt ein abenteuerliches zu haben, oder Abenteuer zu erleben, oder erleben zu wollen.

A.E.: Im Sinne einer Forschungsreise zum weißen Fleck, auf der Landkarte?

E.M.: Ja … also ich glaube, ich bin nicht unbedingt jemand, der, ich sage das jetzt einmal salopp, erkenntnisgeil ist, im Sinne von, da ist ein weißer Fleck, und ich will den ergründen, sondern ähm, ich glaube auch, ich bin nicht unbedingt wild darauf, ja ich bin nicht unbedingt wild darauf, Erkenntnisse zu gewinnen, jetzt im Sinne von, Erkenntnisse, die für die Welt neu sind, sondern für mich tief in einen Bereich einzudringen, das ist eigentlich das, was mich reizt, also so Unklarheiten, oder Diffuses,  Vermutungen, die ich hege, denen nachzugehen, um da ein bisschen mehr Klarheit in mich zu bringen, als in die Welt.

A.E.: In Verbindung damit, dass du vorhin gesagt hast, dass deine Person und deine Arbeit in einem großen Teil deckungsgleich sind, würde ich die Frage, dann meine ich die Frage auch nach den weißen Flecken auf der Landkarte auch nicht unbedingt die Landkarte für die Welt, sondern die weißen Flecken in sich, also der inneren Landkarte.

E.M.: Ja, das ja.

A.E.: Mhm, in diesem Sinne, das Abenteuer einer Reise dorthin.

E.M.: Mhm, ja.

A.E.: Im Zusammenhang jetzt mit der Themenwahl und mit dieser Motivation, also angenommen, wir nähmen die inneren weißen Flecke auch als eine Art Hauptmotivation an, dann ist die Frage eigentlich, die sich daraus ergibt, fast beantwortet, also ob deine Arbeit damit zu tun hat, also deine Themenwahl auch, die Art deiner Arbeit, oder der Inhalt deiner Arbeit, mit etwas, das aus einem inneren Drang frei gewählt ist, unter Anführungszeichen, also natürlich beeinflusst durch den inneren Drang, aber frei gewählt, und nicht durch äußere Zwänge diktiert ist, wenn du sagst, ok, ab und zu stellt sich ein Thema auch dadurch, dass ein Kongressangebot, oder Teilnahme an einem Buchprojekt, oder an einer Anthologie, oder einem bestimmten Themenbereich, auf dich zukommt, das würdest du aber nicht als Zwang begreifen, sondern du wählst ja aus, wie du vorhin gesagt hast?

E.M.: Genau, oder ich eigne es mir an in der Weise, dass es eben so lange verformt wird, bis es mir korrespondiert.

A.E.: Das ist schön, ok, also einen äußeren Zwang gibt es nicht, gibt es denn, und das noch einmal auf die weißen Flecken bezogen, ist das dann eher ein lustvolles Lossteuern auf diese weißen Flecken, oder ist das eine innere Notwendigkeit, also in der Art von, das brauche ich für mich, diese Klärung, Musik will uns hören, also was empfinde ich, was empfindet man, beim Hören beim Musik, oder beim Sprechen …?

E.M.: Also ich kann überleben, ohne das für mich gelöst zu wissen, aber ich brauche es schon.

A.E.: Ja, also es ist keine, innere Notwendigkeit bedeutet nicht, wenn ich es nicht tue, sterbe ich, aber innere Notwendigkeit bedeutet, wenn ich es nicht tue, geht es mir nicht so gut wahrscheinlich, als wenn ich es tue.

E.M.: Ja, mhm.

A.E.: Eine Frage, die, finde ich, für Künstler genau so gilt, die sich daran anschließt, ist, wenn du etwas schreibst, oder wenn du dir ein Thema wählst, das für dich auch eine Art von innerer Notwendigkeit bedeutet, dann bearbeitest du es immer für, also fast immer, für eine Öffentlichkeit, genauso wie ein Künstler, der irgendetwas schafft, kreiert, und das dann auf irgendeine Weise ausgestellt sieht, oder präsentieren will, ist der Produktionsprozess – dass du dann irgendetwas umsetzt, also du schreibst, in deinem Fall bisher meistens – eine intime Angelegenheit während des Produktionsprozesses, oder denkst du während des Produzierens an das Publikum, in welcher Art auch immer das sei?

E.M.: Ich denke an das Publikum so wenig es irgend geht.

A.E.: Mit Publikum meine ich jetzt nicht unbedingt den Leser, den End-User, sondern mit Publikum meine ich zum Beispiel das erste Publikum, das Lektorat, oder den Buchverlag, von dem man weiß, dass er eine bestimmte Ausrichtung hat, oder bevorzugt, oder bestimmte formale oder stilistische Regeln für sich aufgestellt hat, die er bei seinen AutorInnen gerne verwirklicht sähe.

E.M.: Ja, das ist nicht so wirklich so, so streng, aber ich denke zweifellos an den Rahmen, innerhalb dessen das, was ich gerade mache dann einen Platz finden wird, und sich sozusagen einpassen wird, daran denke ich, also es ist ein Unterschied, ob man einen Vortrag, ich weiß jetzt nicht, vor einem gemischtem Laienpublikum hält, oder vor einer ausgesuchten Gruppe von Leuten, die über das selbe Thema arbeiten wie man selbst, insofern denkt man natürlich beim Produzieren daran, in welchen Rahmen das dann gerät.

A.E.: Kommst du dabei in Konflikt mit dir selbst, wenn du sagst, eigentlich ist das eine intime, leidenschaftliche Angelegenheit, warum ich das bearbeite, warum ich darüber nachdenke, und gleichzeitig, jedenfalls immer wieder mal, dir einfällt, wer das verstehen soll, also musst du dich beschränken dann, oder fühlst du dich beschränkt in der Ausformulierung gewisser Gedankengänge, oder in dem Extremen, im Niederschreiben extremer Gedankengänge, die du dann abmilderst zum Beispiel, in Gedanken an egal welches Publikum, also zensierst du dich?

E.M.: Ähm, ein wenig, wobei quasi extreme Präsentationsmedien ziehe ich vorweg schon nicht in Erwägung, das heißt, ich trete vorweg, sei es jetzt mit einem Text oder einem Vortrag, in Kontexte, die halbwegs dem entsprechen, was ich für in Ordnung halte, also völlige Entfremdungserfahrungen mute ich mir da nicht zu, aber ich passe mich ein bisschen an, das heißt wenn ich weiß, ich schreibe für, ich weiß jetzt nicht, für eine soziologische Zeitschrift etwas über Musik, dann werde ich das anders tun, als wenn ich es in einer philosophischen mache, weil einfach die Rahmung jeweils unterschiedlich ist, das ist aber nicht so, dass ich mich dadurch maßlos eingeschränkt fühle, ich bleibe ja immer bei mir und meinem Thema, aber ich kann das eben unterschiedlich beleuchten auch.

A.E.: Ist das eine inhaltliche oder eine stilistische Anpassung?

E.M.: Eine inhaltliche.

A.E.: Und das führt zu keinem Konflikt mit deiner, mit deinem, wie ich dich vorhin verstanden habe, leidenschaftlichen Willen, das aus dir rauszuholen, zu einem Thema, was drinsteckt?

E.M.: Also inhaltliche Anpassung ist ja jetzt in einer Weise, man könnte die Vermutung haben, dass man da irgendetwas nicht sagt, was man sagen will, und über etwas …

A.E.: Oder was man zu sagen für nötig hält.`

E.M.: So meine ich das eigentlich nicht, sondern ich meine, wie komme ich, also ich mache das einmal in meinem Bild, ich habe etwas, was ich sagen möchte, einen Inhalt, und wie sieht dieser Weg aus, um diesen Inhalt zu vermitteln, der kann unterschiedlich aussehen, der schaut, um jetzt dabei zu bleiben, in der Soziologie anders aus als in der Philosophie, und ich vermag beide Wege zu beschreiten, ohne mich dadurch extrem eingeschränkt zu fühlen.

A.E.: Also es gibt für dich nicht nur ein mögliches Ergebnis, oder ein ideales Ergebnis?

E.M.: Nein, nein, das Ergebnis, wenn du so willst, die Kernaussage, die ich habe, oder entwickle, ist über beide Wege erreichbar durch mich, ich kann sozusagen die Menschen dorthin führen, und dort abholen, wo sie sind, also die Soziologen holt man woanders ab als die Philosophen, das ist jetzt etwas platt, aber das meine ich.

A.E.: Danke für das Platte, so verstehe ich es, wenigstens ich auch, das heißt deine manipulativen Fähigkeiten, deine hexerisch ansaugenden Fähigkeiten, Philosophen, in deinem Beispiel, von einem anderen Ort abzuholen als Soziologen, sie aber dann zu deiner Wasserstelle zu führen, die betrachtest du als vorhanden.

E.M.: Die betrachte ich als vorhanden, und das halte ich weder für magisch noch für hexerisch, sondern nur für kontextsensitiv.

A.E.: Kontextsensitiv, das ist ein schönes Stichwort. Trotz deines Gedankens an die Art der abzuholenden Leute, die bevölkern nicht deinen Arbeitsprozess, das heißt du bist ganz allein mit dir?

E.M.: Während des Arbeitens? Ja.

A.E.: Empfindest du das als geborgenes Alleinsein mit dir selbst, oder auch als Einsamkeit, wenn du an andere Formen von Arbeit denkst, jetzt nicht Wissenschaft, sondern zum Beispiel, was weiß ich, ein Schiff gegen den Strom zu treideln, wo man zu zwanzigst an einem Seil zieht, und „Ho zieh“ singt, das ist ja keine einsame, keine alleinige Form der Arbeit, die ist ja nur in der Gruppe möglich, es gibt auch wissenschaftliche Teamarbeit, das ist aber, soweit ich deine Arbeit kenne, bei dir nicht der Fall?

E.M.: Also nicht in den letzten Jahren, das stimmt auch wieder nicht, aber …

A.E.: Deine Hauptproduktion, deine wissenschaftliche, oder deine kreative Hauptproduktion, ist, du sitzt allein an deinem Computer, und gießt deine Gedanken in eine Form, kann man das so sagen?

E.M.: Ja, ich sitze allein vor einem Schreibheft [A.E.: Oder Schreibheft, ja.], weil in den Computer fließt nichts.

A.E.: Also es fließt erstmal auf das Schreibheft, und dann wird quasi die ausformulierte Endform in den Computer getippt, gut auf jeden Fall ist beides …

E.M.: Ich möchte das ein bisschen relativieren mit der Einsamkeit, es ist also keine andere Person anwesend, und ich unterhalte mich auch nur selten mit Menschen, wenn ich an einer Sache arbeite, über diese Sache, ich fände das wünschenswert, das tun zu können, also jemand, der ähnlich tief drinsteckt thematisch, mich mit dem darüber unterhalten zu können, das gibt es eher selten, aber zu sagen, dass man so einsam tätig ist, ist insofern nicht korrekt, als, man hat ja all die Bücher, die andere geschrieben haben, und das ist ja auch eine Art von Auseinandersetzung mit jemand anderem, die man da führt, das heißt da sind eh, das ist sozusagen bevölkert von zahllosen Denkenden, die an dieser Sache entlang gedacht haben.

A.E.: Trotzdem der Mangel an einer lebenden Person, die ähnlich tief drinsteckt in einem Thema, den du ja gerade, wie du gerade gesagt hast, dass du ihn empfindest, diesen Mangel, wird der nicht konterkariert, oder würde der nicht konterkariert durch die Angst, das ganz eigene Denken, Nachdenken, verbessert oder beeinflusst zu sehen durch den Austausch?

E.M.: Nein, gar nicht, überhaupt nicht.

A.E.: Also diese Angst gibt es nicht, dass man während eines Prozesses sich quasi abschotten muss, um den eigenen reinen Schaffensprozess nicht beeinflusst zu sehen?

E.M.: Nein, also da kann ich mich schon wehren.

A.E.: Es könnte ja auch eine irrationale Angst sein, die einen dann daran hindert, sich mit jemandem zu unterhalten.

E.M.: Habe ich nicht, nein.

A.E.: Das heißt bei irgendwelchen deiner Tätigkeiten, die es ja gab, wo du kooperiert hast, hast du deinen Anteil eingebracht, also das, was du zu einem Themenbereich, also ich nehme wieder das Beispiel Staubsauger, das war ja, glaube ich, eine Teamarbeit, ohne irgendwelche Sorge zu haben, dass dein Standpunkt, oder deine originäre Gedankenwelt da irgendwie untergehe?

E.M.: Nein, die Angst hatte ich nicht.

A.E.: Jetzt, heute, mit beiden Erfahrungen in genügender Anzahl, was tust du denn lieber, derzeit?

E.M.: [lange Pause] Es gibt Dinge, die ich gerne zu mehrt mache, zum Beispiel interpretieren, das funktioniert zu mehrt viel besser als alleine.

A.E.: Interpretieren was?

E.M.: Egal, ein Interview, einen Text, meinetwegen auch ein Bild.

A.E.: Also ein Produkt im übertragenen oder im wörtlichen Sinn lesen, auslesen.

E.M.: Genau, und da die abstrusesten Ideen zu generieren, worum es sich dabei handelt, handeln könnte, worum es dabei gehen könnte, das ist zu mehrt die eigene Kreativität anregender, als wenn man es alleine macht.

A.E.: Gut, das ist aber, so wie ich dich jetzt verstehe, ein Austausch über etwas, das einen abgeschlossenen Produktionsprozess beinhaltet, also über ein schon vorhandenes Produkt, das Beispiel, das du jetzt nennst zumindest?

E.M.: Nein, nein, nein, also beispielsweise man beschäftigt sich mit einem Thema, macht dazu Interviews, und hat dann diese Interviewtranskripte daliegen, und setzt sich zu mehrt hin und schaut sich da einmal irgend so eine Interviewstelle an und assoziiert da darauf los.

A.E.: Mit welchem Ziel?

E.M.: Zu ergründen, was denn die Person, die da gefragt wurde, auf einer latenten Ebene damit ausgesagt hat.

A.E.: Und dieser Austausch, diese Kooperation mit anderen, könnte dann auch wieder zu irgendeinem Produkt führen, oder es könnte sogar das Ziel sein, dass daraus ein Produkt entstehe?

E.M.: Richtig, ja.

A.E.: Wenn das der Fall ist, und wenn du sagst, das sei, nach deiner Ansicht, fruchtbringender, in dieser Art von Prozess, das zu mehrt zu tun als alleine, dann bedeutet das ja, dass du Gruppenarbeit in solchen Fällen als grundsätzlich positiv empfindest, Kooperation [E.M.: Ja, es gibt Fälle.], oder sogar als nötig empfindest [E.M.: Ja.], für ein gutes Produkt. Ok, diese Gruppe, wie ist die organisiert im Idealfall, also in dem Fall, oder in deinem?

E.M.: Ja, nicht konkurrenzistisch, heterogen, und entspannt, [A.E.: Egalitär?] egalitär ja.

A.E.: Egalitär auch?

E.M.: Ja.

A.E.: Kein Chef?

E.M.: Ja.

A.E.: Kein Diskussionsleiter?

E.M.: Also ob jemand das moderiert, das hängt davon ab, wie viele daran beteiligt sind.

A.E.: Bis wie viele ohne Moderator?

E.M.: Vier, fünf.

A.E.: Moderator ist jemand, der im Konsens diese Rolle zugesprochen bekommt, aber keinerlei Entscheidungskompetenz hat, ist das deine Definition von Moderator?

E.M.: Mhm.

A.E.: Wer hat Entscheidungskompetenz, die Gruppe, der Konsens, die Mehrheit, die einfache, die zweidrittel?

E.M.: Das ist eine schwierige Frage, die kann man auch nicht ein für alle Mal beantworten.

A.E.: Ich stelle immer meine Fragen jetzt an dich, was Kooperation und Gruppenarbeit angeht, bezieht sich immer auf das von dir, und nicht nur von dir gewünschte möglichst positive Ergebnis, und du kannst deine, ich hätte auch gern, dass du auch deine Erfahrungen in Gruppenarbeit jetzt dabei berücksichtigst, und auch rückblickend oder auch auf diesen Produktionsprozess in dieser Gruppe hier, in diesem Projekt, sagst, auch was die Erfahrung der bisherigen Workshops angeht, welche Art von Prozess sich bewiesen hat, historisch und aktuell, als in deinem Sinne von guter Produktivität am Nutzbringendsten.

E.M.: Die Kernfrage ist, ob das Team, das an irgendetwas arbeitet, das selbe Ziel verfolgt, das muss ja nicht unbedingt sein.

A.E.: Das Ziel ist definiert, wenn ich das Projekt, unser Projekt hier, als Beispiel nehme, dann gibt es ein relativ klar umrissenes Ziel, nach meinem Empfinden, das heißt den Austausch zwischen Kunst und Wissenschaft über die Ergründung der Unterschiede und/oder Gemeinsamkeiten in einem Produktionsprozess, möglichst genau zu dokumentieren, zu beschreiben, und festzustellen, ob es mehr Gemeinsamkeiten oder mehr Unterschiede, wenn ja, jeweils welche, gibt, dass das einen Diskussionsprozess, der ja stattfindet laufend, voraussetzt, oder dass es konstitutiv ist für ein Produkt, dass dieser Diskussionsprozess stattfindet, ist klar, eine Diskussion ist aber etwas anderes als eine Arbeitsgruppe, die dann zu einem Produkt hin werden soll, und ich frage dich nicht nach dem Diskussionsprozess, sondern ich frage dich nach dem …

E.M.: Darum sprach ich auch von Zielen, in Bezug auf dieses Projekt gehe ich nicht davon aus, dass wir alle das selbe Ziel verfolgen.

A.E.: Obwohl es definiert ist?

E.M.: Richtig, sagen wir einmal so, es gibt Leute, denen dieses vorformulierte Ziel in besonderer Weise wichtig ist, und andere, denen jetzt die Ergebnishaftigkeit nicht so bedeutsam ist, Ergebnishaftigkeit im Sinn von auch nach außen herzeigbar, die also den Prozess genießen, und die Diskussionen, aber nicht dann den Zwang verspüren, das in einen zwanzigseitigen Essay, oder eine raffiniert aufgebaute Homepage, oder in eine andere Form zu gießen, auf dass es Dritten zugänglich werde, ja.

A.E.: Gut, ich habe das ja nur als Beispiel genannt, als Beispiel, um meine Frage zu konkretisieren, und die Frage steht nach wie vor im Raum, und ich benutze auch nach wie vor das Beispiel, das Beispiel heißt, jetzt in meiner Annahme, dein Idealziel ist, ein Produkt, das die Fragestellung dieses Projekts beantwortet, und die Frage, die sich daraus ergibt, wie muss die Gruppe beschaffen sein, oder in welcher Form läuft der Produktionsprozess in einer Gruppe, läuft der hierarchisch, läuft der egalitär, muss es einen hierarchischen Produktionsprozess geben, oder muss es ein egalitärer Produktionsprozess sein, um ein in deinem Sinne optimales Produkt zu schaffen? Also ich frage dich nach einer möglichst abstrakten Ansicht, wie für dich eine optimale Gruppenarbeit vonstatten gehen sollte.

E.M.: Das ist jetzt eine Frage nach einem: wenn es denn so wäre, wie wäre es dann?

A.E.: Im Sinne des Ziels gestellt.

E.M.: Ja, also, verfolgten alle das Ziel gleichermaßen …

A.E.: So ist die Hypothese.

E.M.: … gäbe es auch einen Austausch darüber, wie das Produkt aussehen soll, oder es kann ja auch mehrere Produkte geben [A.E.: Angenommen der Austausch hätte stattgefunden, und das Produkt wäre definiert.], ja, na dann würde arbeitsteilig, nach quasi Absprache, also man müsste quasi Kernergebnisse gemeinsam, also man müsste sich über Kernergebnisse einig sein, sage ich einmal, und dann könnte man arbeitsteilig einzelne Dinge vergeben, um das dann in Produktform zu bringen.

A.E.: Ok, angenommen es herrscht, wenn das arbeitsteilig vergeben ist und jeder liefert seinen Anteil ab, es herrschen unterschiedliche Auffassungen über die Qualität der Hervorbringungen der jeweils anderen Gruppen- oder Einzelleute, die zuarbeiten für das gemeinsame Ziel – wie wird das geregelt, wer sagt an, was mittelmäßig ist, was verbesserungswürdig ist, was gar nicht geht so, und so weiter, wer definiert ein Qualitätsniveau, wer setzt sein eigenes Qualitätsniveau durch, oder da kann es das nicht geben, weil es eine egalitäre Gruppenarbeit ist?

E.M.: Ja, Egalität schützt nicht vor Qualitätsansprüchen.

A.E.: Das ist eine kühne und schöne Behauptung, ja.

E.M.: Also, dass dann Subdifferenzierungen stattfinden, weil die Qualität unterschiedlich ist, und man ein bestimmtes Mindestmaß an Qualität halten will, das kann vorkommen.

A.E.: Wie behandelt man das dann, wenn das vorkommt, oder wer behandelt das dann?

E.M.: Ähm, tja.

A.E.: Jetzt wird es wichtig … also es geht mir um die Grenzen von Egalität.

E.M.: Die Rahmung, die Rahmung behandelt das in dem Fall, weil die Rahmung Egalität nicht vorsieht, sondern Leitung vorsieht, insofern gibt es auch klare Verantwortlichkeiten letzten Endes.

A.E.: Ist das nur die Rahmung, die Egalität nicht vorsieht, weil es zum Beispiel jetzt in diesem Projekt hier eine sogenannte definierte Projektleitung gibt, oder ist das Egalitätsprinzip schon allein deswegen nicht durchzuhalten, weil es ein definiertes Ziel gibt?

E.M.: Nein, wenn alle sich hinter diesem Ziel vereinen, dann kann das egalitär verfolgt werden.

A.E.: Gut, das Ziel meinte ich nicht nur inhaltlich, sondern auch eine bestimmte Qualitätsstufe, die wer definiert in diesen Gruppen?

E.M.: Also ich halte das in diesem Projekt für besonders schwierig, als es eben von unterschiedlichen Akteuren getragen wird, das heißt die Qualitätsmaßstäbe der Wissenschaft …

A.E.: Ich wollte gerade sagen, siehst du einen Graben zwischen Kunst und Wissenschaft, dort in den Ansprüchen, oder in der Art, da ranzugehen?

E.M.: Ja, ich sehe die Differenz.

A.E.: Eine Differenz, ja, gut, natürlich keinen Graben, eine Differenz.

E.M.[lacht]: Wieso?

A.E.: Weil das natürlich, also ich meine, ich empfinde es nicht als Graben, meine Anschlussfrage wäre, oder ist, diese Art von auch Schwierigkeit, die du selbst hast, einen Qualitätsanspruch in einer Art von möglichst egalitärer Gruppenarbeit verwirklicht zu sehen, den sehe ich nicht nur bei der Wissenschaft so, den kann man, finde ich, auch bei der Kunst so sehen, deswegen interessiert mich auch, wo in der Gruppenarbeit die Unterschiede, die Differenzen bestehen, wenn es um ein, wie wir wissen, vordefiniertes Ziel geht, zwischen Künstlern und Wissenschaftlern.

E.M.: Also, was wir ja tun könnten, und meines Erachtens haben wir das letzte Mal auch einen entscheidenden Schritt in diese Richtung gemacht, ist Methodenvielfalt und Darstellungsvielfalt nicht nur zuzulassen, sondern auch zu ermutigen und zu befördern, das heißt, jeder versucht mit seinen ihm zu Verfügung stehenden Mitteln ein Produkt im Rahmen dieser Zielsetzung zu erzeugen.

A.E.: Können wir noch einmal sagen, welches die Zielsetzung, die Gesamtzielsetzung ist?

E.M.: Die Gesamtzielsetzung besteht darin, unterschiedliche Formen des Erkenntnisgewinns in Kunst und Wissenschaften zu zeigen, [A.E.: eventuell auch zu vergleichen] also zu zeigen worin diese Unterschiede bestehen.

A.E.: Gut, das ist das Ziel.

E.M.: Das ist ein Ziel, und das zweite, noch hehrere Ziel, ist darin die Frage sich zu stellen, und vielleicht auch darauf Antworten zu finden, inwiefern da wechselseitig positive Anregungen ausgehen könnten von den jeweils anderen Arbeitsformen.

A.E.: Wer kümmert sich darum, dass eventuelle Erkenntnisse, die erste Stufe und die hehrere Stufe, von dir gerade definiert oder beschrieben, wer kümmert sich darum, dass aus einer Gruppendiskussion, oder aus einem Diskurs der da beständig, oder immer wieder in Workshops läuft, ein Produkt wird, ein Werk, ein Hybridwerk zwischen Kunst und Wissenschaft von mir aus auch, wer legt fest, ob dieses Werk dem Anspruch genüge oder nicht, legt das die Gruppe fest, gibt es dann eine Abstimmung, ok das können wir rauslassen als Produkt, dafür schämt sich keiner von uns, oder sagt dann irgendjemand, und wenn ja, wer, und warum der, das ist noch nicht genügend, da müssen wir nacharbeiten, oder hier müssen wir nacharbeiten, und wenn das dann zu, in diesem Fall meiner Zufriedenheit passiert ist, dann ist das Werk fertig, dann ist es präsentabel, publizierbar.

E.M.: Mhm, ja das muss man halt vorsichtig machen, man kann Verbesserungsvorschläge machen.

A.E.: Vorsichtig machen heißt aber quasi auf geschickte Art hierarchisch sein, kann man das so umdefinieren?

E.M.: Nein.

A.E.: Worauf ich immer noch hinauswill ist, von der Einsamkeit des Schaffenden, dem Wissenschaftler oder Künstler, von dem Alleinsein am Schreibheft, und der von dir postulierten Notwendigkeit, bei bestimmten Zielsetzungen oder Themen, nicht Notwendigkeit, aber auf jeden Fall dem Vorteil von Gruppenarbeit zu sprechen, dann wieder aus der Gruppenarbeit hinaus, das ist für mich der Hauptunterschied zwischen Gruppenarbeit und einsamer oder alleiniger Arbeit, dass ich zum Schluss zu einem Werk komme, bei dem ich mich allein nur mit mir selbst abstimmen muss, bei dessen Präsentation, vor wem auch immer, während ich bei der Gruppe eine Art von Konsens herstellen muss, und was mich interessiert die ganze Zeit, und immer noch, ist die Art, wie ich diesen Konsens zum Schluss erziele, dass ich das rausgebe, dass ich sage, ok, das wird jetzt gesendet.

E.M.: Das weiß ich nicht, da gibt es nicht die Ein-für-alle-Mal-Antwort, das ist prozessabhängig, muss man schauen.

A.E.: Aber es ist möglich, dass, ok, lass mich die Frage stellen, ich brauche eine konkrete Antwort, sonst bleibe ich dabei, und dann kommen fünf Stunden raus, das ist mir wurscht, besteht auch die praktische Möglichkeit von dir, erfahrungsgestützt bejaht, dass man das in einer egalitären Gruppe schafft, ohne dass jemand zum Schluss sagt, so jetzt ist Schluss, jetzt wird es gemacht, jetzt sind wir fertig?

E.M.: Wie ich schon sagte, das kann in dem Fall nicht experimentell ausgelotet werden, weil es eine Rahmung gibt, die Rahmung gibt vor, dass es zum Zeitpunkt x fertig zu sein hat, und verantwortlich dafür die Projektleitung ist, und die Projektleitung wird, ich sage jetzt einmal zwei Monate vor dem Zeitpunkt, wo es soweit ist, ihre Handlungsweise so wählen, dass zum Zeitpunkt der Abgabe was abgegeben wird.

A.E.: Danke für die Antwort, das war nicht meine Frage, noch einmal die Frage, die Frage ist, ob es in deinem bisherigen Leben die Erfahrung gibt, dass ein Produkt herausgekommen ist durch egalitäre Gruppenarbeit bis zum Schluss?

E.M.: Ja.

A.E.: Welche?

E.M.: Zum Beispiel das Staubsaugerprojekt.

A.E.: Darauf hatte ich gehofft, dass die Antwort kommt, da wir das in diesem Interview schon ausführlich eingeführt haben, sehr schön, es gab keinen Streit, es gab niemanden, der sagen musste, mit der Faust auf den Tisch hauend, so jetzt ist Schluss, du machst das jetzt so und so, sonst geben wir nie etwas ab.

E.M.: Nein.

A.E.: Das heißt ihr wart eine Ansammlung idealer Menschen in diesem Projekt.

E.M.: Natürlich gab es Streit und Unzufriedenheit und Verzögerung und Teile des Gesamtprodukts, die besser, und andere die nicht so toll waren, aber es gab ein Produkt, und wir waren alle damit einverstanden.

A.E.: Und das ist antihierarchisch gelaufen, oder ahierarchisch gelaufen?

E.M.: Ja, ich versuche mich zu erinnern, ich denke, ja.

A.E.: Also es geht, kannst du erfahrungsgestützt sagen.

E.M.: Ja.

A.E.: Ok, Entscheidungsprozesse bei unterschiedlichen Auffassungen in diesem Staubsaugerprojekt, wie laufen die, wer setzt sich wie durch, der Lautere, der, der zum Schluss redet, das ist eine ganz allgemeine gruppendynamische Frage, also die hat auch mit Wissenschaft und Kunst nichts zu tun, sondern mit Gruppenprozessen überhaupt, es gibt so verschiedene Strategien, es gibt auch Bücher darüber.

E.M.: Ja, ja, in solchen Fällen ist natürlich die argumentative Kraft, die spielt da eine starke Rolle, also gut zu argumentieren, wieso das, was man selbst für richtig hält, das Beste ist, ist da sehr hilfreich, und in einer Weise gut zu argumentieren, dass auch andere sich dann dieser Meinung anschließen und einen Schritt quasi von ihrer ursprünglich geäußerten Meinung wegkommen, das ist eine Kunst, die kann da sehr helfen.

A.E.: Demnach trügest du die These nicht mit, dass nicht argumentative Stärke, überhaupt nicht argumentative Stärke über die Durchsetzung von Standpunkten in einer Gruppe entscheidet, sondern fast ausschließlich sozialer Status in der Gruppe?

E.M.: Ja, der sich zum Beispiel über argumentative Stärke etablieren kann.

A.E.: Ok, die These noch einmal verschärft, zugespitzt formuliert, lautet, argumentative Stärke hat mit sozialem Status nichts zu tun.

E.M.: Das ist falsch.

A.E.: Das ist falsch, gut, in einer Gruppe meine ich, sozialen Status in einer Gruppe, die zum Beispiel an einem Projekt arbeitet, gut, über Kompromisse im wissenschaftlichem Tun haben wir noch nicht gesprochen, wir haben gesprochen über Kompromisse zwischen dir und einem vorgestellten oder imaginierten Publikum, aber inhaltliche Kompromisse im wissenschaftlichem Tun, nennen wir es Pragmatik, jedenfalls verstehe ich die Frage so, im Moment, gibt es die für dich, hat es die gegeben, gibt es die zunehmend weniger? Veröffentlichungspraxis, das Stichwort.

E.M.: Also es gibt mitunter die Notwendigkeit zur Kompromissbereitschaft, ich habe ein konkretes Beispiel vor Augen, eine gemeinsame Herausgabe eines Buchs, es muss dafür ein Titel gefunden werden und es gibt unterschiedliche Vorstellungen davon, was ein guter Titel ist, da bedurfte es eines Kompromisses.

A.E.: Mit dem du, ich weiß auf welches Beispiel du dich gerade beziehst, überhaupt nicht zufrieden warst, oder kaum zufrieden.

E.M.: Wenig, ja, nicht besonders.

A.E.: Das sehe ich nicht als einen Kompromiss, die Definition für einen Kompromiss, dass alle halbwegs zufrieden sind.

E.M.: Ja, das war ja der Fall, ich kann damit schon leben.

A.E.: Das ist nicht das, halbwegs zufrieden sein ist etwas anderes als damit leben können, nach meiner Definition jedenfalls.

E.M.: Ja, wie auch immer, es hat sich kein Weg gefunden, der dazu geführt hat, dass alle zufriedener waren, als sie es jetzt zum Schluss gewesen sind, trotzdem musste dieser Titel aufs Buch geschrieben werden, und das Buch veröffentlicht.

A.E.: Gut, das Buch ist veröffentlicht unter diesem Titel, den ich jetzt nicht nenne, weil ich mich schäme, diese Worte in den Mund zu nehmen, die da stehen, ich kann mir nicht vorstellen, dass überhaupt jemand halbwegs zufrieden mit diesem Titel war, dass der Titel eine Konsensentscheidung war, und er deswegen so schlecht ist, das ist gerade jetzt meine These, noch einmal rückbezogen auf die Gruppenarbeit stelle ich die Frage, die sich für mich daraus ergibt, und die heißt, bedeutet Konsens in der Mehrheit der Fälle Mittelmäßigkeit oder darunter, in der Wissenschaft? Konturlosigkeit?

E.M.: Nicht unbedingt, es ist aber beispielsweise auch nicht so, dass ich mich schäme dafür, es fitzt mich nicht besonders an, aber ich kann schon damit leben.

A.E.: Ok, sachbezogen gesprochen, und da gibt es relativ einhellige Definitionen, was ein Buchtitel zu leisten habe, das leistet er nicht, weder nach deiner eigenen Definition noch nach einer allgemeinen, dann ist quasi die Aufgabenstellung verfehlt, durch den Konsenszwang.

E.M.: Das mag schon sein, immerhin gibt es ein Buch.

A.E.: Immerhin gibt es das Buch, das heißt der andere Fall …

E.M.: Also wir hätten ja dreihundert Seiten wegschmeißen können, und sagen, wir finden nirgends hin, also lassen wir es.

A.E.: Nicht auf einen gemeinsamen Titel, das wäre für dich keine denkbare Alternative?

E.M.: Nein, ganz und gar nicht.

A.E.: Ganz und gar nicht, also lieber ein Buch mit einem Scheißtitel als gar kein Buch?

E.M.: Ja.

A.E.: Wenn es jetzt nicht um ein wissenschaftliches Buch, das war ja explizit ein wissenschaftliches Buch, gegangen wäre, sondern um ein, sagen wir, Lyrik jenseits der, oder zumindest auf der extremen Ebene von Mister Celan zum Beispiel, gelte da die gleiche Pragmatik, die gleiche Form des pragmatischen Denkens, lieber ein Lyrikbuch von Miklautz mit einem Scheißtitel, also mit dem Miklautz nicht einverstanden ist, Scheißtitel nehme ich zurück, den der Verlag durchdrücken will, als gar kein Buch?

E.M.: Moment, du wechselst die Ebenen, wir sprachen vorher von Entscheidungsprozessen, die zwischen mehreren in dem Fall Herausgebern eines Buches abliefen.

A.E.: Jetzt spreche ich wieder von einem Entscheidungsprozess zwischen mehreren, in diesem Fall zwischen einem Autor und einem Verleger, wobei die beiden Alternativen, die beiden Möglichkeiten, die ich vorstelle, die gleichen wären, entweder ein Buch mit einem Scheißtitel, oder gar kein Buch, gibt es einen Unterschied in der Entscheidungsrichtung zwischen diesem wissenschaftlichen Buch und diesem jetzt von mir imaginierten Lyrikband?

E.M.: Ja, auf jeden Fall.

A.E.: Gibt es? Welchen?

E.M.: Dass in einem Fall drei Leute voneinander abhängig sind und im anderen Fall Verlag und Autor sich gegenüberstehen als Protagonisten, das ist ein Riesenunterschied, also wir hätten ja noch zum Beispiel als drei Herausgeber einen Konflikt mit dem Verlag über den Titel auch noch haben können, das haben wir ja nicht gehabt, aber das ist an sich auch üblich, dass man da keineswegs einer Meinung ist.

A.E.: Gut, ich gehe jetzt einmal …, dann werde ich das Beispiel viel vergleichbarer machen, deine in Buchform erschienene Habilitationsschrift, mit einem für ein wissenschaftliches Buch, nennen wir es einmal möglichst neutral, ungewöhnlichen Cover und einem von dir verfassten, ganz klar künstlerisch gedachten, nur künstlerisch gedachten Gedichtband, der Verlag hat letztendlich diesem Cover, diesem Cover für das wissenschaftliche Buch, zugestimmt, hätte er das nicht getan, hättest du gesagt, lieber das Buch und ein Titel mit dem ich nur halbwegs leben kann?

E.M.: Ich hätte mich darum bemüht, einen Titel zu finden, mit dem ich halbwegs leben kann, ja. Einen Titel, mit dem ich überhaupt nicht leben kann, hätte ich nicht akzeptiert, aber einen, der möglichst wenig Schmerzen verursacht, ja.

A.E.: Liegt die Schmerzschwelle, läge sie bei dir, oder liegt sie bei dir bei einem wissenschaftlichen Buch wo anders, als bei einem ganz klar von dir künstlerisch intendierten Buch?

E.M.: Nein.

A.E.: Läge gleich, oder liegt gleich?

E.M.: Mhm.

A.E.: Das heißt, jetzt verallgemeinert, von diesem Beispiel weg, allgemeiner gesagt, im wissenschaftlichen wie im künstlerischen Tun liegt in deinem Erleben oder in deiner Vorstellung die Kompromissschwelle auf gleicher Höhe, oder die Nicht-Mehr-Kompromissschwelle?

E.M.: Moment, wir sprachen ja jetzt ausschließlich über Buchtitel.

A.E.: Als Teil des kreativen Prozesses, ich erweitere das jetzt auf den gesamten Prozess in der Fragestellung, im Denken zum Beispiel an ein imaginiertes Publikum, das deine Gedichte liest, oder deine wissenschaftliche Schrift, gibt es für dich da Unterschiede?

E.M.[lange Pause]: Kann ich ein Stück Schokolade haben für diese Antwort [lacht]?

A.E.: Die kriegst du, wenn du die richtige gibst, jetzt können wir sagen, die richtige Antwort, ist das dann eine Konsensentscheidung oder nicht [lacht]?

E.M.: Also, das ist eine sehr schwierige Frage, man ist zunächst geneigt dazu zu sagen, die Wissenschaft verträgt ein bisschen mehr Kompromiss [A.E.: Pragmatik.], das stimmt natürlich auf der inhaltlichen Ebene überhaupt nicht.

A.E.: Wir reden auch nicht über die Präsentation, wir reden auch über den Prozess, während du das schaffst, wie du vorher gesagt hast, ich denke, wo hole ich die Leute ab, Philosophen hole ich wo anders ab als Soziologen, in einem wissenschaftlichen Essay, wenn du Gedichte schreibst würdest du ähnlich an Leute denken, jetzt nicht an Philosophen und Soziologen [E.M.: Nein, gar nicht.], sondern an Hausfrauen und ätherische Friseure.

E.M.: Nein, gar nicht.

A.E.: Also das wäre ein Unterschied?

E.M.: Das wäre ein Unterschied, ja, wobei ich aber als Künstler auch nicht in der Weise gerahmt bin, dass ich sage, wenn diese Gedichte jetzt, oder mache ich jetzt ein Gedicht, naja, zum Beispiel wenn ich Gedichte schreibe, und dann mache ich eine Lesung, einmal mache ich eine Lesung vor Hausfrauen, und einmal mache ich eine Lesung vor [A.E.: Vor ätherischen Friseuren?], vor ätherischen Friseuren, dann kann ich mir natürlich jeweils zum Rahmen besser passende Gedichte heraussuchen, die ich da lese, das kann ich schon tun, aber beim Schreiben der Gedichte sollte ich tunlichst weder an Hausfrauen noch an Friseure denken.

A.E.: Das heißt, dann gibt es doch schon eine Antwort, wenn ich daraus versuche eine Antwort auf die Ja-Nein, Schwarz-Weiß Frage zu destillieren, verstehe ich dich so, dass Miklautz, wenn sie Gedichte schreibt, überhaupt nicht auf den Gedanken kommt, irgendjemanden irgendwo abzuholen, wie bei einem wissenschaftlichen Essay über die Grenzen der Beschreibung von Musik, daran zu denken, ob man jetzt Philosophen abholen muss, um sie in das Thema zu ziehen, oder Soziologen.

E.M.: Ja, aber das hat mit Kompromissen nichts zu tun.

A.E.: Beides nicht.

E.M.: Nein, das eine ist eine Frage der Disziplin, der disziplinären Rahmung.

A.E.: Das behindert nicht, also das begrenzt nicht?

E.M.: Nein, nein, naja natürlich gibt es auch Begrenzungen durch die Disziplinen im Sinne von gewissermaßen Denkverboten, das gibt es schon, aber ich halte mich da für eine relativ versierte [A.E.: Grenzübertreterin?] Umgeherin damit, mit dieser Grenzpolizei.

A.E.: Also nicht Grenzübertreterin, sondern Grenzumgeherin?

E.M.: Ja, Grenzerweitererin.

A.E.: Diese Art von Grenze, die man eventuell dehnen, erweitern, umgehen, durchbrechen muss, sollte, oder das alles exerziert, wie du es für dich in Anspruch nimmst, diese Art von Grenzen, oder Grenze hätte man beim Gedichte schreiben, oder hättest du beim Gedichte schreiben, jetzt dich Gedichte schreiben imaginierend, nicht?

E.M.: Mhm.

A.E.: Gibt es beim Gedichteschreiben, während des Schreibens, Kompromisse, also sind die für dich vorstellbar überhaupt, irgendwelche Art von Kompromissen, also was Verständlichkeit angeht zum Beispiel, hermetische Formulierungen von Liebe?

E.M.: Ja, das ist ja egal, ein Gedicht besteht ja nicht aus einer Verständlichkeit, wir hätten uns vielleicht, hätten wir uns vor dreihundert Jahren miteinander unterhalten, hätte man andere Antworten auf solche Fragen gegeben.

A.E.: Inwiefern bei Gedichten zum Beispiel?

E.M.: Naja, meine Beispiele sind wahrscheinlich, oder es fällt mir leichter über Kompositionen zu sprechen als über Gedichte.

A.E.: Dann sprich bitte über Kompositionen.

E.M.: Meine Vermutung ist, dass es sich bei Gedichten ähnlich verhalten haben könnte, dass es einen Kanon an Möglichkeiten gegeben hat, innerhalb dessen man sich bewegt hat, in seiner kompositorischen oder gedichteschreibenden Arbeit, und diesen Kanon hat man dann quasi grenzüberschritten oder erweitert oder Neuerungen getätigt, aber man hatte nicht diesen extremen Freiraum, den man heute hat, nämlich der sozusagen Alles-ist-möglich-Position.

A.E.: Alles ist möglich, du hast den Ausdruck jetzt eingeführt, auch in diesem leicht abschätzigen, in der leicht abschätzigen englischen Form von anything goes, oder meinst du es nicht abwertend?

E.M.: Nein, ich meine es nicht abwertend, ich meine es ganz feststellend, also in dem Sinn, dass beispielsweise die Frage der Verständlichkeit seit Beginn des 20.Jahrhunderts spätestens obsolet ist.

A.E.: Wenn man, angenommen man würde Kunst als kompromisslosen Rest, oder überhaupt kompromissloses Tun betrachten, und Gedichte vor dreihundert Jahren oder Kompositionen vor dreihundert Jahren, aber jetzt im historischen Rückblick, als doch von gewissen gesellschaftlichen oder normativen ethischen, oder woher auch immer stammenden Rahmungen, mit solchen Rahmungen versehen betrachten, dann kollidieren ja diese beiden Feststellungen, kann das damals dann, können das echte Kompositionen oder echte Gedichte gewesen sein, richtig Kunst?

E.M.: Natürlich, weil du ja heute auch, wenn du ein Gedicht schreibst, oder etwas komponierst, einen Rahmen baust, du baust ihn dir halt selber, also du hast die Möglichkeit, ihn dir selber zu bauen, oder ihn dir auszusuchen, aber du machst nicht beliebig, sondern das, was du tust, hat auch eine Struktur, du machst nicht irgendwas.

A.E.: Ok, also die Möglichkeit in der Kunst ist heute die radikale Personifizierung, die gab es früher nicht, dafür war früher die Kunst vielleicht radikale Sozialisierung von irgendwas, aber diese …

E.M.: Die Spielräume, innerhalb derer du dich frei bewegt hast, waren immer groß genug, und das lässt sich auch eben an den unterschiedlichen Werken ganz gut zeigen, dass das nicht so eine maßlose Einengung war, dass man sich an irgendwelche Kompositionsregeln gehalten hat.

A.E.: Nehmen wir einmal Bach versus Cage, Bach hat genauso wenig Kompromisse in seinem künstlerischen Tun machen müssen, oder getätigt, wie Cage?

E.M.: Mir gefällt der Terminus Kompromiss überhaupt nicht, der ist unscharf [A.E.: Ja, das sehe ich auch so.], eine Rahmung, innerhalb derer man sich bewegt, ist nicht eine Unterwerfung, es ist vielleicht eine Unterwerfung, aber jedenfalls kein Kompromiss, wenn du Bilder malst, dann hast du quasi ein begrenztes Budget um dir Farben zu kaufen, ist das ein Kompromiss oder nicht?

A.E.: Nein, die Folge wäre, Kompromisse zu machen.

E.M.: Du kannst nicht beliebig, weiß ich nicht, Filmmaterial verbrauchen, oder Zeit, oder Geld für irgendwelche Produktionsmittel, und machst es dann eben innerhalb des Rahmens, also wenn du einen Film machst, und du hast ein Budget von 200.000 Euro, machst du einen anderen Film, als wenn du ein Budget von 2 Millionen Euro hast, es wäre aber dumm von dir, keinen Film zu machen, nur weil du sagst, ich mache keine Kompromisse.

A.E.: Das ist die Frage, es ist genauso die Frage, lieber gar kein Buch, als eines mit einem Scheißtitel, oder das Buch mit dem Scheißtitel, also es gibt Leute, ich gebe mal das Beispiel Produktionskosten beim Film, es gibt Leute, die einen Gozillafilm, bei dem aufgrund mangelnden Budgets [E.M.: Ich will eine Schokolade.] der Gozilla nicht beweglich genug wäre für eine möglichst lebensechte Darstellung von Gozilla auf dem Empire State Building oder sonst wo, King Kong war das, diesen Film nicht gemacht hätten, andere haben ihn gemacht dann, mit dem begrenzten Budget.

E.M.: Ich tät mir überlegen, ob man über etwas anderes als über Gozilla auch noch einen Film machen kann [lacht].

A.E.: Das ist schön. Ok, gibt es im künstlerischen Tun, das Wort Kompromiss hätte ich sowieso nie benutzt, ich habe mich jetzt endlich einmal, und das mache ich auch nie wieder, treu an meinen mir vorliegenden Katalog gehalten.

E.M.: Der Katalog und das Wort Kompromiss ist glaube ich in der Gruppe entstanden, und ich meine mich zu erinnern, dass die Person, die dieses Wort besonders stark aufgegriffen hat, du warst.

A.E.: Richtig, in einer ganz bestimmten Definition, so wie ich es auch die ganze Zeit versuche zuzuspitzen, Unterwerfung, das, was du benutzt, unter irgendwelche Regeln und sowas, das wäre die Voraussetzung in einer Kausalkette, bevor ich mir überlege, wie unterwerfe ich mich, das wie wäre dann der Kompromiss, die Feststellung, dass die Unterwerfung nötig sei, stünde dem Kompromiss voran, da ich davon ausgehe, dass die meisten Leute, die sich als Wissenschaftler bezeichnen, und die meisten Leute, die sich als Künstler sehen, und dementsprechende Werke produzieren, wissenschaftliche Werke oder Kunstwerke, Kompromisse machen, ganz allgemein gesagt, markttechnische, Budgetkompromisse im engeren oder weiteren Sinn, stellt sich mir die Frage dauernd, und das gilt für mich für Wissenschaft und Kunst gleichermaßen, und die Frage stelle ich jetzt noch einmal, lieber ein Buch mit einem schlechten Titel, oder mit so nicht ganz, mit einem nicht ganz zugespitzten Essay über Staubsauger und deren Symbolgehalt, oder gar nichts, auf der Wissenschaftsseite, auf der künstlerischen Seite, kann ich das für Gozilla oder King Kong, für Gedichtband oder für eine Komposition, auch in Frage stellen.

E.M.: Also, ich spreche jetzt einmal als Soziologin, du schaust nur an die Eisbergspitze und an die Oberfläche, darunter befindet sich dermaßen viel an Setting, das quasi letztlich künstlerische wie wissenschaftliche Produktion steuert und bestimmt, wo die einzelnen Akteure sich die Frage gar nicht stellen, oder sich dessen auch nicht bewusst sind, dass sie sozusagen funktionieren wie am Schnürchen, sodass die Frage nach dieser expliziten, bewussten Form des, sage ich dazu Ja oder Nein, im Vergleich dazu ganz marginal ist, also sprich die Kunst ist genauso wenig frei wie die Wissenschaft, es wäre ein Irrtum, davon auszugehen, dass die Kunst der Ort der Freiheit ist, das ist absurd.

A.E.: Weil die Künstler sowieso wenn schon nicht äußerlich begrenzt, dann durch ihre eigene Prägung sowieso schon gerahmt sind?

E.M.: Ja, du hast eine Rahmung, du hast einen Kunstmarkt.

A.E.: Moment, das wäre wieder eine äußere Rahmung, aber wenn ich die beiseite lasse, und wenn ich das richtig höre, also dass es die Freiheit in der Kunst oder des Künstlers gar nicht gebe, dann, angenommen ich verweigerte mich dem Markt und mache eine hermetische Kunst und zeige sie niemandem, dann wäre sie trotzdem nicht frei nach deiner Definition, weil ja sowieso meine Persönlichkeit, meine Person, und mit all ihren Rahmungen, ob frühkindlich oder nachpubertär, da drin steckt, war das so gemeint auch, oder nicht?

E.M.: Das war auch so gemeint, dass die Selbstbezeichnung von Menschen die Welt wenig kümmert, das heißt, es mag schon sein, dass es Künstler gibt, die in ihrer Kammer irgendetwas tun, wovon keiner weiß, und die dürfen sich selbst auch als Künstler bezeichnen, aber niemand sonst in der Welt würde diese Personen als Künstler bezeichnen.

A.E.: Weil niemand von ihnen wüsste, oder weiß?

E.M.: Ja, und wenn sie es wüsste, würde sie sagen, gehört nicht dazu, kommt nicht vor, existiert nicht.

A.E.: Also Künstler ist nur jemand, den die Welt auch als solchen bereit ist zu sehen?

E.M.: Leider ja.

A.E.: Wissenschaftler desgleichen?

E.M.: Desgleichen.

A.E.: Danke, das war der erste Teil, für heute hören wir auf, das ist niederschmetternd das Ende des ersten Teils, niederschmetternd, dafür gibt es keine Schokolade.

 Teil 2

A.E.: Wir beginnen den zweiten Teil des historischen Professor Doktor Elfie Miklautz-Interviews zu Kunst und Erkenntnis mit einer Definitionsfrage, Madame, definieren sie bitte den Begriff Erkenntnis. Durchs Fenster wehen Geräusche der Maschinen, die den Steinbruch der Begriffe angreifen.

E.M.: Das vermag ich nicht zu tun.

A.E.: Eine persönliche Definition.

E.M.: Etwas, was man vorher nicht wusste, wissen, also es hat etwas mit einem Aha-Erlebnis zu tun – ah, so ist das.

A.E.: Hat man das nur nicht bewusst nicht gewusst, oder kann es auch sein, oder muss es so sein, um den Begriff Erkenntnis benutzen zu können, zu dürfen, dass man, also dieses Aha-Erlebnis, reicht das für den Begriff Erkenntnis aus, wenn das Aha-Erlebnis nur etwas ist, wo man sagt, habe ich eh schon gewusst, aber war mir nicht so bewusst, oder ist es etwas für einen selbst absolut Überraschendes?

E.M.: Also in einer strengen Fassung des Begriffs müsste man sagen, dass sich diese Erkenntnis auch mitteilen lassen muss, das heißt es reicht nicht, wenn ich ein diffuses Bauchgefühl habe, dass irgendetwas sich so oder so verhalte, im Sinne eines Wissens über oder Kennens von, sondern diese Empfindung muss sich transferieren in beispielsweise einen Satz, in etwas, was eine Ausdrucksform findet, in der das dann quasi vergegenständlicht ist, und auch für Dritte zugänglich.

A.E.: Zugänglich heißt verständlich, also im Sinne zum Beispiel eines Axioms oder eines Theorems, eines neuen Gesetzes?

E.M.: Soweit würde ich nicht gehen, es muss nicht gleich auf dieser Abstraktionsebene sein, und es kann auch sich beispielsweise als Bild vergegenständlichen, oder als Klangfolge, also es muss nicht unbedingt sprachlich ausgedrückt werden und auch nicht in der Form einer Gesetzesaussage.

A.E.: Mhm, diese, wenn ich das jetzt als deine Definition von Erkenntnis nehme, dann sind also nicht nur irgendwelche wissenschaftlichen Erkenntnisse, also nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse fallen unter diesen Begriff, sondern auch eine singuläre, eine subjektive Empfindung, die sich in einem Kunstwerk ausdrückt?

E.M.: Ja, ich halte sie aber nicht für singulär und subjektiv, sondern in ihr steckt auch Allgemeines.

A.E.: Das wäre die Folge, oder die Empfindung des Rezipienten, aber der Produzent einer Klangfolge, oder eines Bildes, einer Farbzusammenstellung, oder einer Wortzusammenstellung in einem Essay, der hat ja erstmal dadurch, dass er es tut, in seinem Tun eine Erkenntnis ausgedrückt [E.M.: Ja.], nach dieser Definition, du hast gesagt, und da hast du dich auf Worte, glaube ich, bezogen, am Anfang, die Erkenntnis muss, ich übersetze es jetzt für mich, verständlich sein?

E.M.: Nein, das habe ich nicht gesagt.

A.E.: Sondern, zugänglich?

E.M.: Sie muss für Dritte wahrnehmbar sein.

A.E.: Wollte ich gerade sagen, reicht es, wenn sie sinnlich erfahrbar für Dritte ist, also hörbar, sichtbar, riechbar, lesbar?

E.M.: Mhm, spürbar.

A.E.: Spürbar, ertastbar.

E.M.: Mhm, und mit Verständlichkeit hat das zunächst einmal noch nichts zu tun.

A.E.: Gut, wenn ich diese verschiedenen Bereiche nehme, also die verschiedenen Sinneswahrnehmungen, über die eine Erkenntnis dann vermittelt wird, also über das Riechen, oder das Sehen, das Hören, das Lesen, das Begreifen, wenn ich in einem dieser Bereiche eine Erkenntnis versuche zu transferieren, zu einem Publikum, zu einem Rezipienten, könnte ich die selbe Erkenntnis in ein anderes Medium transferieren, in der Absicht, sie auch über ein anderes Medium verfügbar zu machen, oder ist jede Erkenntnis gebunden an die Darstellungsform, die du gewählt hast, während du an dieser Erkenntnis gearbeitet hast?

E.M.: Es mag sein, dass sich das in Einzelfällen transferieren lässt, aber im Allgemeinen kann man das nicht behaupten, also es ist wahrscheinlicher, dass das nicht möglich ist, als dass es möglich ist, aber die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen.

A.E.: Das heißt, wenn ich ein Bild betrachte, und dieses Bild als Bild in mir oder auf mich wirkt, dann könnte eine, angenommen das Bild stellte einen Schrei dar, wir nehmen einmal Edward Munch, dann könnte ich, würde die Beschreibung eines Schreis, die ich dann nachlesen könnte, ob in literarischer oder in wahrnehmungsphysiologischer Form beschrieben, als Text eine andere Erkenntnis von Schrei in mir auslösen als Rezipient, als das Bild „der Schrei“, wahrscheinlich [E.M.: Ja, so sehe ich das], so meinst du das. Was kann, oder wenn du für dich, für deine Arbeit das wünscht, oder was wünscht du dir für deine Arbeit, welche Art von Erkenntnis soll deine veröffentlichte Arbeit, deine Arbeit, die du anderen zugänglich machst, deine Gedankenarbeit, egal in welcher Form du die dann darstellst, was wünscht du dir, dass sie auslösen solle? Ein Nachdenken über deine Arbeit, oder sogar eine Übernahme deiner Erkenntnis, das würde dann in Richtung Allgemeingültigkeit gehen? Also es geht nicht darum, was du glaubst zu schaffen, sondern es geht darum, was du gerne hättest.

E.M.: Ähm, es würde mich freuen, wenn das jemandem gefiele, wenn jemand dadurch angeregt wird, ja, wenn sich jemand dadurch angezogen fühlt.

A.E.: Angezogen auch im Sinn einer Sympathie dafür?

E.M.: Ja.

A.E.: Was eigentlich, jedenfalls nach meiner Definition, auch implizierte, dass jemand deine Erkenntnis übernimmt, wenn er sie sympathisch findet, oder von ihr angezogen wird, wie du sagst.

E.M.: Ja, oder zumindest sich eingehender damit auseinandersetzt, weil er es für Wert hält, das zu erwägen, was da behauptet wird.

A.E.: Die Frage noch zugespitzter, sollen deine Erkenntnisse die Welt verändern, also ist das zumindest eine Teilabsicht?

E.M.[lange Pause]: Puh, nein?

A.E.: Nicht einmal ein heimlicher Wunsch deinerseits?

E.M.: Doch, aber es fehlt mir an der notwendigen Naivität, um das quasi wirklich zu wünschen, oder als möglich anzusehen, es ist jedenfalls keine Triebfeder meines Tuns.

A.E.: Ja, das wäre die nächste Frage, oder es ist die nächste Frage, die Frage zuvor zielte auf einen Wunsch, oder das zumindest willkommene Hinnehmen einer Weltveränderung durch deine Erkenntnis, das andere ist, was du gerade schon beantwortet hast, ob das auch sogar ein Ziel sei, durch deine Erkenntnisse die Welt zu verändern, oder nur einen Menschen, nur einen Rezipienten in dieser Welt, was ja eine Weltveränderung wäre.

E.M.: Also, ich freue mich, wenn sowas sich ereignet, ich hätte es gerne, dass möglichst viele Menschen meine Sichtweise teilen.

A.E.: Es ist ja implizit, oder ist es implizit, als Frage gestellt, dass man seine eigenen Erkenntnisse für richtig hält?

E.M.: Ja, sonst würde man sie verwerfen, oder weitersuchen.

A.E.: Das heißt, etwas, das man als Erkenntnis rausgibt, ist immer auf seine subjektive Richtigkeit von einem selbst überprüft, bevor man sie rausgibt, ist das Bestandteil quasi der Definition von Erkenntnis?

E.M.: Ja, und es ist mehr als bloß auf subjektive Richtigkeit geprüft, es ist auch auf Objektivierbarkeit hin geprüft, jedenfalls in wissenschaftlichen, erkenntnisgenerierenden Prozessen ist das ein notwendiger Schritt.

A.E.: Ist das in der Kunst auch so, oder eher das Gegenteil?

E.M.: Es ist nicht das Gegenteil, aber die Kunst schreibt mir keine Modi vor, über die ich die Objektivierbarkeit des Ausgesagten überprüfe, oder herstelle, sondern die Kunst erlaubt es, das ganz subjektiv zu belassen, was aber die Objektivität des Ausgesagten überhaupt nicht mindert, also in dem Fall müsste man sagen, je subjektiver, je radikaler subjektiv, desto allgemeiner und objektiver ist das, was dabei rauskommt, und das entzieht sich aber auch dem Willen der Person, die künstlerisch tätig ist, das passiert quasi hinter dem Rücken.

A.E.: Das ist die Vorwegnahme meiner Doppelfrage, die ich trotzdem jetzt noch einmal stelle, erstens, was ist Objektivierbarkeit, und zweitens, darf Kunst eigentlich nicht objektivierbar sein, sondern muss radikal subjektiv sein? Also erstens, was ist Objektivierbarkeit in der Wissenschaft, was bedeutet das quasi in der Definition?

E.M.: Objektivierbarkeit ist die Nachvollziehbarkeit für andere, das heißt, du behauptest nicht einfach etwas, sondern du ermöglichst es, allen die das tun möchten, den Weg, den du gegangen bist, um dorthin zu gelangen, zu dieser Behauptung, auch zu gehen.

A.E.: Mit welchen Werkzeugen?

E.M.: Ja mit Denkwerkzeugen, oder irgendwelchen Methoden, also Aufgabe des Wissenschaftlers ist es, die Dinge so transparent zu machen, dass sie nachvollziehbar sind, und eigentlich streng genommen wiederholbar sind, das heißt, der Denkprozess, den man selbst vollzieht, müsste durch andere abgeschritten werden können und bestätigt oder eben, ja, nicht bestätigt.

A.E.: Dann wäre in der Fortschreitung dessen, was du gerade vorher über die Kunst gesagt hast, der Erkenntnisprozess eines Betrachters oder Hörers, vor oder mit einem Kunstwerk, eigentlich das Gegenteil, ein Kunstwerk, wenn es radikal, wie du sagst, subjektiv sein muss?

E.M.: Das habe ich nicht gesagt, das hast du gesagt, oder gefragt, darauf habe ich noch keine Antwort gegeben.

A.E.: Ok, angenommen, ein Kunstwerk wäre radikal subjektiv, dann dürfte der Betrachter den Gedankengang, oder den Erkenntnisgang des Künstlers gar nicht nachvollziehen dürfen, sondern er müsste in der Betrachtung, oder im Hören, in der Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk, seine eigene Bedeutung schaffen, oder die Bedeutung des Kunstwerks für ihn selbst schaffen, eben nicht Nachvollziehen einer anderen Erkenntnis wie in der Wissenschaft, sondern selbst das schaffen, was dieses Kunstwerk für ihn bedeutet, und damit natürlich eine völlig andere Erkenntnis auch gewinnen können zumindest, als bei der Lektüre oder bei der Auseinandersetzung mit einem wissenschaftlichen Werk, wo man den Gang, wie du sagst, objektivierbar nachvollziehen können muss.

E.M.: Also Rezipienten von Kunstwerken, denen ist es nicht untersagt, sofern das möglich ist, auch den Weg nachzuvollziehen, den die Künstler genommen haben, das kann auch funktionieren, also es ist nicht unbedingt notwendig, das auf radikal je eigene, subjektive Weise zu machen als Rezipient, sondern man kann auch eine weitgehende Annäherung versuchen, sozusagen im Sinne eines Sich-Hineinversetzens in so einen künstlerischen Produktionsprozess, das ist nicht verboten.

A.E.: Ja, nicht verboten, aber ist es der Sinn, wenn ich mich mit einem Kunstwerk auseinandersetze, wenn ich ein Gedicht lese, oder eine Klangfolge, eine Komposition mir anhöre, oder ein Bild betrachte, dass ich den Gedankengang des Künstlers nachvollziehe, oder ist es der Sinn eigentlich in der Kunst, dass ich meine persönliche Position dazu bestimme, meine Empfindungen, eher denn Erkenntnisse wirken lasse?

E.M.: Ich sehe das so, dass im künstlerischen Werk Elemente enthalten sind, die höchst allgemein sind, und dass sowohl die Person des Künstlers als auch der Rezipient damit arbeitet, also sozusagen, das, was, wenn man so will, verständlich ist an Kunstwerken, oder für Rezipienten aufnehmbar, ist das, was daran auch an Allgemeinem enthalten ist, das heißt, beide arbeiten von jeweils unterschiedlichen Positionen aus an einem Allgemeinen, das sich als solches noch nicht formulieren lässt, und nicht erschlossen ist, aber die docken da beide an, also sowohl der Produzent, dem ja vieles, von dem was er tut, nicht bewusst sein muss, als auch der Rezipient, dem in seiner Wahrnehmung des Kunstwerks ebenso der Großteil dessen, was mit ihm da passiert, nicht bewusst ist, docken an etwas an, was Kunst eben als Erkenntnisform auch bestimmt, und als Allgemeines.

A.E.: Wenn du als Wissenschaftlerin, während du ein wissenschaftliches Werk aufstellst, erschaffst, während des Produktionsprozesses schon an die Nachvollziehbarkeit denken musst, wie du sagst, also es ist Bestandteil, die Objektivierbarkeit ist Bestandteil der wissenschaftlichen Erkenntnis, und damit des Produktionsprozesses, denkst du, während du Kunst schaffst, zum Beispiel um ein einsam gelegenes Haus an einem dunkel rauschenden Fluss herumstreichst, daran, dass deine Gefühle, deine Empfindungen, die du in diesem Moment hast, ähnlich nachvollziehbar sein sollen, für ein eventuelles Publikum, wie in der Produktion eines wissenschaftlichen Werkes?

E.M.: Nein, ich glaube das Wort, das in dem Fall hilfreich ist, um diese Unterscheidung zwischen künstlerischer Herangehensweise und wissenschaftlicher Herangehensweise zu treffen, ist das Wort Begründungspflicht, also in der Wissenschaft habe ich die Pflicht zu begründen, was ich behaupte, in der Kunst nicht, in der Kunst zeigt sich sozusagen das, was hier behauptet wird, als glaubwürdig oder, ja, in der Art und Weise, wie ich es hinstelle, wie ich es behaupte.

A.E.: Reicht nicht einfach beeindruckend schon statt glaubwürdig, also wenn ich einen Eindruck habe, eine Empfindung habe, die auch konträr sogar teilweise zu der vielleicht gewesenen Empfindung des Künstlers im Prozess sein darf, sein kann, dann wirkt Kunst, ob sie im Sinne des Künstlers wirkt, oder im Empfindungsbereich des Künstlers, als er das geschaffen hat, oder aus seinem Antrieb, mit dem er das geschaffen hat, ist das nicht wurscht, also Hauptsache es wirkt?

E.M.: Ja, kann man so sehen, ich glaube aber, dass es sehr oft Überschneidungen gibt, also diese Vorstellung, die subjektive Welt des Künstlers, die quasi wie ein closed room ist, so eine black box [A.E.: Stichwort Hermetik], ja, und dann die subjektive Position des Betrachters, und die beiden haben nichts miteinander zu tun, wissen nichts voneinander, und sind quasi ganz unterschiedliche Entitäten, das sehe ich nicht ganz so, also ich glaube, dass da, also dunkle Flüsse oder dunkle Häuser, dunkle Flüsse, das ist ein Erfahrungsbereich, an den gewissermaßen jeder andocken kann.

A.E.: Für dieses Beispiel fällt das leichter, also das Andocken einer Mehrheit, weil das auch archaische außerhalb von Kunst und Wissenschaft liegende Dinge beurteilt, also genau dieses Bild, das ich jetzt als Beispiel eingebracht habe, ich gebe dir ein anderes Beispiel, das oft in den volkstümlich witzig gemeinten, und überhaupt nicht witzig seienden, Satz mündet, ist das Kunst, oder kann das weg, der Beuyssche Fettfleck von der Putzfrau entfernt, zum Beispiel, da gibt es, wie es sich erwiesen hat, zwischen einem bestimmten mal größeren, mal kleineren Teil des Publikums und dem Künstler als Person an dem einen und dem anderen Ende des Produkts, das dazwischen liegt, überhaupt keine Verbindung.

E.M.: Kommt vor, ja.

A.E.: Kommt vor, darf auch vorkommen, ist trotzdem noch Kunst, also kann nicht weg?

E.M.: Das ist eine andere Frage, ist jedenfalls Kunst, ja.

A.E.: Gut, da wir gerade von Distanzen reden, also jetzt in diesem Fall zwischen Künstler und Publikum, größere oder kleinere Distanzen, wenn du etwas machst, wissenschaftlich oder künstlerisch, das ist eigentlich egal für die Frage, also wenn du arbeitest an etwas, muss die Welt dann weiter weg sein während des Prozesses, während des Arbeitsprozesses, des Schaffensprozesses?

E.M.: Ja.

A.E.: Ok, wie geht das?

E.M.: Ja, ausfiltern, zurückziehen, Augen schließen.

A.E.: Ok, zwei Bereiche, innerlich und geografisch.

E.M.: Mhm, also das muss sowohl geografisch als auch innerlich für mich passieren, ich kann also nicht irgendwo, oder sagen wir es einmal so, nicht egal wo überall in gleicher Weise denken, oder mich mit einer Sache beschäftigen, sondern die ideale Voraussetzung ist Abgeschiedenheit, ja, ich definiere für mich, was da sein darf, und was nicht da sein soll, und schaue, dem möglichst nahe zu kommen.

A.E.: Ok, konkret? Absolute Ruhe, oder …?

E.M.: Menschen stören, Geräusche stören, also auch Geräusche, die ich gerne habe, Klänge oder Musik oder so, also ich kann zum Beispiel nicht arbeiten, wenn Musik daneben läuft.

A.E.: Auch nicht zum Beispiel als suggestiv empfunden werden könnende Musik, wie Cage oder Bach?

E.M.: Ganz selten geht das, ganz selten ist das möglich.

A.E.: Oder Katharina-Klement-Geräuschlandschaften, Klanglandschaften, Soundscapes, also selten geht das, aber eigentlich nicht?

E.M.: Manchmal geht es, aber es ist, also es kann nützlich sein, um überhaupt in eine Arbeitshaltung zu kommen, wie sozusagen ein Mantra, das eine bestimmte Art von Sich-aus-der-Welt-Zurückziehen innerlich ermöglicht, was über beispielsweise diese Musik dann funktioniert, im Tun selbst ist es dann aber fast besser, das wieder auszumachen.

A.E.: Das heißt, diese Abschottung, kann man den Begriff verwenden bei dir [E.M.: Mhm.], sowohl geografisch, wie auch an unmittelbaren Sinneseindrücken, also diese Abschottung dient ja der Aufstelllung oder dem Bauen eines Schutzraums um dich herum, wie ist es mit der Arbeit selbst, während du daran arbeitest, und nachdem sie fertig ist, eigentlich erstmal während des Arbeitsprozesses, des Schaffensprozesses, wenn da also, wenn du einen Tag lang geschrieben hast, und unterbrichst, ins Bett geht, musst du die Arbeit in dem Stadium, den Arbeitsprozess schützen, also ist dein Gefühl, du müsstest sie schützen, du müsstest sie zum Beispiel schützen wie ein Bildhauer, der eine Tonfigur modelliert, der sie nach einer Sitzung wieder mit einem feuchten Lappen abdeckt, damit sie nicht austrocknet, in diesem Zwischenstadium, also gibt es Passwörter für Dateien, an denen du arbeitest, in deinem Computer, oder werden deine Schreibhefte, deine Notizhefte, oder deine Rohfassungsmanuskripte, weggeschlossen?

E.M.: Nein, nichts davon, wobei aber die Wahrscheinlichkeit, dass jemand da Einlass begehrt, sehr gering ist, lebte ich in einer Umwelt, in der das der Fall wäre, würde ich es vielleicht verschließen, aber …

A.E.: Es geht nicht unbedingt um Klauen, also für mich, jetzt in dieser Fragestellung, sondern es geht auch darum, dass Leute, die in deinem abgeschotteten Raum trotzdem sich noch aufhalten dürfen, also deine Nächsten, dass auch die nicht unabsichtlich, oder aus reiner freundschaftlicher Neugierde irgendein Zwischenstadium deiner Arbeit mitbekommen, oder lesen, oder anschauen.

E.M.: Das würde mich nicht stören mit diesen Nächsten, im Gegenteil, würde ich mich sogar gerne darüber überhalten, über das, was ich beispielsweise den Tag über gemacht habe [A.E.: Ah ja?], und wo ich da stehe, ja, also was ich nicht gern hätte, wäre, dass irgendjemand, der in völliger Unkenntnis dessen, worum es jetzt geht, dass der da quasi hineintrampelt, und eine blöde Frage stellt, oder etwas dazu sagt, da hätte ich keine Lust darauf.

A.E.: Ok, aber diese Leute, diese Art von Wesen, sind ja sowieso, jedenfalls höchstwahrscheinlich, ausgeschlossen, durch den Arbeitsraum, den du dir vorher geschaffen hast, oder den du benötigst.

E.M.: Ja genau.

A.E.: Gut, gehen wir noch weiter in den Arbeitsprozess hinein, also jetzt von den äußeren zu schaffenden Umständen, Bedingungen.

E.M.: Ich möchte dazu noch etwas sagen, mir ist noch etwas eingefallen, es gibt schon ein Schutzbedürfnis, weil in dem Stadium des Arbeitens bin ich relativ verletzbar, und relativ verunsicherbar, das heißt, ich habe da nicht diese Art von, ich sage jetzt einmal, Panzerung dazu, die, egal, was die Welt sagt, die Sicherheit, die ich in mir selbst habe darüber, dass es sinnvoll ist, an dieser Frage zu arbeiten, und diese Behauptungen, die da gerade in mir aufgestellt werden, aufzustellen, also das ist alles sehr verletzbar, wenn in der Situation jemand kommt, und sagt, heast, was ist denn das überhaupt, was du da machst, das verstehe ich nicht, wie kann man sich denn mit sowas beschäftigen, dann bin ich dem schutzloser ausgeliefert, oder nicht so gefestigt gegenüberstehend, als bevor ich damit anfange, und wenn ich damit fertig bin.

A.E.: Ist das eine thematische Verletzbarkeit, oder sogar eine persönliche, eine Verletzbarkeit der Gesamtperson, als jemand, der eben mit seiner gesamten Person dafür einsteht, was er da gerade tut, oder versucht, und auch zweifelt, während des Prozesses?

E.M.: Genau, es ist eine Verletzbarkeit der Gesamtperson, und es ist eine energetische Frage, das heißt, wenn alle Energie und eben mein ganzes Sein da gerade einfließt, dann ist keine Energie vorhanden, um irgendwelche Mauern oder Verteidigungslinien aufzustellen.

A.E.: Also, quasi die gesamte selbstbewusste Kraft, oder das gesamte Selbstbewusstsein, oder sehr viel mehr des Selbstbewusstseins, der Behauptungskraft der Welt gegenüber und auch sich selbst gegenüber, richtet sich dann auf das Werk, und für die Umgebung bleibt nicht viel übrig an Behauptungskraft, nicht so viel als außerhalb eines Schaffensprozesses?

E.M.: Ja richtig, so ist es, ja.

A.E.: Daran anschließend eine Frage, finde ich eigentlich fast logisch anschließend, bevor man an ein Werk geht, oder während, eigentlich bevor, ich stelle die Frage so, bevor man an irgendetwas rangeht, also wirklich in den Prozess reinsteigt, muss man sich eine Art von Selbstbewusstsein erarbeiten, oder einbilden, oder daraufschaffen, das größer ist als das normale? Also zu sagen, ich bin der Wahnsinnstyp, und deswegen kann ich das?

E.M.: Nein, nein gar nicht.

A.E.: Sondern diese Kraft generiert sich aus dem sowieso schon vorhandenen Selbstbewusstsein?

E.M.: Diese Kraft generiert sich aus einem Sich-Loslassen, aus einem Öffnen, und, sagen wir einmal, sich zulassen, also toll finde ich mich ja äußerst selten, und mich sozusagen gewissermaßen künstlich, oder mithilfe irgendwelcher Dopamine in eine Situation zu bringen, in der ich von mir super überzeugt bin, das ist mir überhaupt kein Anliegen, und würde glaube ich auch nicht wirklich so besonders nützlich sein, aber dieses Öffnen, dieses mich mir selbst öffnen, und schauen, was da kommt, ist eben gleichzeitig eine vergrößerte Verletzbarkeit.

A.E.: Also, du musst nicht darauf hinarbeiten, dass du dich toller fühlst als sonst, bevor du etwas anfängst [E.M.: Nein.], fühlst du dich toller als sonst, wenn du merkst, dass es läuft?

E.M.: Ja, ja.

A.E.: Wie äußert sich das, oder wird es warm im Bauch, oder …

E.M.: Es äußert sich im Im-Fluss-Sein, ganz drinnen sein.

A.E.: Ja, aber sich toller fühlen als sonst, sich potenter fühlen als sonst, mächtiger, selbstermächtigter fühlen als sonst, das kann sich ja zum Beispiel auch körperlich äußern.

E.M.: Ich fühle mich nicht mächtiger, es hat mit Macht nichts zu tun, es hat mit, wenn man so will, Schaffenskraft etwas zu tun.

A.E.: Ja, kräftiger, in diesem Sinn meinte ich mächtiger.

E.M.: Ja, gestaltend, also ich empfinde mich als, ja, gestaltend, und das ist ein schönes Gefühl, das ist ein …

A.E.: Schlägt das auch auf deine Laune nieder, wenn du abends den Pinsel, oder den Taktstock, oder die Computertastatur niederlegst, also bist du danach, oder in den Schaffenspausen, wenn es läuft, besser drauf?

E.M.: Ähm, ja.

A.E.: Oder gibt es dann so eine Art Kater nach dem Rausch?

E.M.: Nein, gar nicht, aber ich kann eigentlich nicht aussteigen, also das ist so eine von mir als Schwäche empfundene Angelegenheit, dass ich nicht switchen kann, ich kann nicht quasi diesen Knopf an- und abschalten, das heißt, wenn ich in einem Arbeitsprozess drin bin, dann will ich den überhaupt nicht unterbrechen, also maximal eben für die notwendige Regeneration, wo ich sage, ok, jetzt musst du ein bisschen schlafen, weil da geht jetzt nichts weiter, und du musst etwas essen, und du musst vielleicht irgendwie, ich weiß nicht, in den Himmel schauen, oder irgendetwas Wohltuendes dir selbst ermöglichen, aber lieber wäre mir eigentlich wenn es durchliefe, ja, lieber wäre mir, wenn das gar nicht notwendig wäre.

A.E.: Ok, angenommen es läuft, dann hat man ja, nehme ich an eben, oder ich kenne das so, hat man auch sowieso keine Lust, aus der Euphorie auszusteigen, wenn es nicht läuft, und ich setze jetzt einmal als Gegenbegriff zur Euphorie, bei Nicht-Laufen, den der Verzweiflung, dann könnte man sich ja über legen, ob ein Ausstieg, eben aus dieser Verzweiflung, weil es hängt, weil es gerade nicht weitergeht, vielleicht nützlich wäre, das in Verbindung mit deinem gerade gefallenen Satz, dass du es als Schwäche empfindest, Schwäche, eine persönliche Schwäche, dass du nicht aussteigen kannst, das aber in Zusammenhang gebracht mit bei einer Euphorie hat man eh keine Lust auszusteigen, jedenfalls ist das bei mir so, und bei einer Verzweiflung wäre es vielleicht nützlich, dann ist so ein allgemeines Gesetz, oder ein allgemeines Empfinden, wie du es gerade aufstellst, es ist eine allgemeine Schwäche, eben nicht aussteigen zu können, finde ich nicht logisch.

E.M.: Also in der Situation der Verzweiflung ist es nicht sinnvoll auszusteigen, weil da muss man durch, also du hast nichts davon, du verzögerst gewissermaßen, wenn du aussteigst, und das macht man sowieso die ganze Zeit, also man ist die ganze Zeit auf der Flucht vor seiner eigenen Schwäche.

A.E.: Auch in der Euphorie, wenn es läuft?

E.M.: Nein, in der Euphorie nicht, da ist man ja auch nicht verzweifelt, aber wenn es nicht läuft, dann fängt man einmal mit hunderterlei Ablenkungen an, die plötzlich enorm wichtig scheinen, also man macht alles Mögliche.

A.E.[lacht]: Man putzt.

E.M.: Man putzt beispielsweise, oder man erledigt Erledigungen, oder ja, und ist total dankbar, wenn es etwas gibt, oder dann freut man sich auch, wenn da andere Personen sind, die irgendetwas brauchen, manchmal brauchen die überhaupt nichts, aber man macht sich gewissermaßen nützlich und wichtig bei diesen anderen, um vor sich selbst geschützt zu sein, und das ist alles Teil dieses Prozesses, also das kann man auch nicht wirklich ausschalten, sondern das gehört mit dazu.

A.E.: Aber auch dieses Durchgehen durch die Verzweiflung, von dem du sprichst, also dem Nicht-Ausweichen, das gehört dazu für dich?

E.M.: Ja, das gehört dazu.

A.E.: Wenn man verzweifelt ist, und das ist ja eine Gefühlslage, die die ganze Person erfasst, und jetzt nicht nur den Teil des Schaffensprozesses, jedenfalls oft ist das so, bei dir auch? [E.M.: Ja.] Gibt es bei dir solche Verzweiflungswellen, die dein auf ein Werk hin geordnetes Denken dann völlig durcheinanderbringen, also quasi überspülen, dass die Ordnung, deine Denkordnung, sich auflöst, falls das so ist, wie ordnest du dein Denken wieder, oder wie ordnest du es überhaupt?

E.M.: Ich bin eine schlampige Denkerin, ich habe keine Ordnung im Denken, insofern kann mir die auch nicht durcheinander geraten.

A.E.[lacht]: Das ist ein Riesenvorteil, ok, wenn ich einen Gegenbegriff zur Ordnung setze, dann nehme ich einmal Chaos, das heißt dein Denken, wenn es nicht geordnet ist, ist es chaotisch dann?

E.M.: Nein [A.E.: Sondern?], nein es hat seine eigene Rhythmisierung, seine eigene Flussgeschwindigkeit, es fließt, es ist in Bewegung, es geht seinen Weg, aber nicht den, den ich ihm vorher verordnet habe.

A.E.: Hat das eine eigene Logik?

E.M.: Ja, aber eine, die sich mir selbst entzieht, also keine, über die, an der ich quasi mit Steuerung herumregle.

A.E.: Also keine intellektuelle Logik?

E.M.: Doch, vermutlich hat es auch eine intellektuelle Logik, aber keine bewusste.

A.E.: Wenn sie nicht bewusst ist, also du kannst sie nicht reflektieren, nicht herleiten …?

E.M.: Ja, nur im Nachhinein, nicht im Versuch.

A.E.: Nicht während des Prozesses, ok woher kommt sie, sag mir eine Körperregion.

E.M.: Ja, üblicherweise nennt man dafür den Bauch, und das wird wohl auch so sein, so ein inneres Innen, dem ich auch vertraue, also wenn ich dem nicht vertraue, dann geht sowieso gar nichts, ich muss dieser inneren Logik, die sich in mir entwickelt, vertrauen, also, dass sie überhaupt vorhanden ist, ja, ich habe, im Verlauf der Jahre hat man dann eben auch, wenn man so will, Beweise dafür, Prüfstücke dafür, dass es zulässig ist, da zu vertrauen.

A.E.: Und dieses Vertrauen existiert tatsächlich, dass du weißt, du hast es schon einmal so geschafft, dass du es auch wieder schaffen wirst, dieses Vertrauen gibt es bei dir?

E.M.: Mhm, ja.

A.E.: Interessant, im Begriffsdreieck Instinkt, Gefühl, Erfahrung, wo ist die Logik, die du während des Prozesses nicht reflektieren kannst, also deine Art von Fluss, am ehesten angesiedelt, also welcher Begriff passt dir am besten, oder welche Kombination von Begriffen?

E.M.[lange Pause]: Ich würde einen neuen einführen wollen, weil keiner der Begriffe mir passt, und der neue wäre vermutlich Intuition.

A.E.: Wodurch, die ist ja irgendwann einmal entstanden, die hat sich entwickelt, diese Intuition, wodurch wird sie gespeist, oder ist sie gespeist worden, durch Wissenserwerb, natürlich auch vielleicht, durch eine Verinnerlichung von …?

E.M.: Das gehört alles mit dazu, das ist aber, glaube ich, nicht das, was hält.

A.E.: Ja, aber das große Rätsel für jemandem, der nicht du bist, ist der Fluss, von dem du sprichst [E.M.: Mhm.], also der flow, den du selbst nicht, während eines Prozesses zumindest nicht, definieren könntest, also nicht herleiten könntest, der aber da ist, jetzt wenn du zurückblickst, du bist ja nicht im Produktionsprozess, du wirst darüber befragt, also du könntest Rückschau halten, was speist diesen Fluss, also wo ist die Quelle, wo sind die Quellen dieses Flusses?

E.M.: Ja, ich, mein Inneres, Blut, Schweiß und Tränen, oder so etwas.

A.E.: Aber bereits vergossene, es geht mir ja darum, woher ist das Wasser, das in diesem Flussbett fließt, woher kommt es?

E.M.: Aus mir, aus meiner Geschichte, wenn du so willst, aus dem, was mich lebendig hält, aus Lebensenergie.

A.E.: Also es gibt eine Art Archiv?

E.M.: Vermutlich, ja.

A.E.: Wenn du, ich nehme jetzt einmal das Thema eines rezenten [E.M.: Eines?], eines rezenten Essays, nämlich Musik und Sprache, den du geschrieben hast, oder über die Grenzen, Musik in Sprache auszudrücken, als du das geschrieben hast, und der Fluss da war während des Schreibens, hast du in Bildern gedacht auch?

E.M.: Nein, gar nicht.

A.E.: Zwei Arten von Bildern, erstens ein Bild, also, dass dir eine Szenerie vor deinem inneren Auge steht, oder was weiß ich, das ist das eine, und das andere, das Bild als Metapher definiert.

E.M.: Also Metaphern kommen natürlich viel vor in dem, was ich tue, aber ähm, es ist eher ein Arbeiten mit Befindlichkeiten, denn eines mit Bildern, mit Erspürtem, oder so.

A.E.: Wenn du über Musik schreibst, wie in diesem Beispiel jetzt, übernimmst du Formen, oder versuchst du Ausdrucksformen des Themas, in diesem Fall Musik, in eine andere Darstellungsform, die des Textes, mit einzubeziehen, das heißt, wenn du über Musik schreibst, schreibst du kontrapunktischer, als wenn du über Staubsauger schreibst?

E.M.: Nein, nein, es gibt Menschen, die das gemacht haben, das halte ich für doof.

A.E.: Jetzt in dem Beispiel Musik, oder allgemein?

E.M.: Adorno hat versucht, quasi mittels musikalischer Kompositionsprinzipien, einen Essay zu schreiben, über Komposition, das halte ich für überanstrengt, also es kann schon sein, dass dabei etwas rauskommt, ja, etwas Unerwartetes, also man gibt sich selbst eine Rahmung, die etwas ermöglicht, was man nicht verfügbar hat, und das dann entsteht, das mag sein, also ich schließe das nicht aus, aber ich tue das nicht, ich experimentiere nicht mit diesem [A.E.: Methodentransfer würde ich es einmal nennen.], ja, mache ich nicht.

A.E.: Also auch nicht zum Beispiel, um einen anderen Schaffensprozess, der gerade noch läuft bei dir, zu nehmen, wenn du das Rauschen eines Flusses aufnimmst, und deinen Standort am, oder im Fluss festlegst, bevor du die Aufnahme startest, danach entscheidend, wo dir das Rauschen für deine Zwecke jetzt am besten, oder am stärksten, am geeignetsten erscheint, überlegst du dir dabei, und das wäre auch ein Methodentransfer vielleicht, den Standort nicht nur nach dem reinen Gehör, also nach dem reinen Hörempfinden des Rauschens, sondern auch nach dem Bild, das du vielleicht vor Augen hast, dass das Rauschen eine Art von Farbe bekommt, eine andere Art von Farbe bekommt, also es geht um Synästhetik, in Teilen auch, das heißt, da ist das Rauschen blau, und hier ist es schwarz, und ich gehe jetzt nicht nur nach dem, was ich höre, wo ich mich hinstelle, um dieses Rauschen aufzunehmen, oder um dieses Rauschen in irgendeine Produktion einzubinden, sondern es geht dann auch darum, ich sehe den Fluss, während ich da stehe und sein Rauschen höre, und ich möchte das Rauschen auch in der richtigen, von mir so empfundenen, Farbe haben?

A.E.: Ja, da würde ich darauf achten, an dieser Frage wird mir aber gerade etwas anderes bewusst, dass ich nämlich vielleicht erstmals in diesem Zusammenhang versuche, das, was ich so Erspüren genannt habe, also du hattest gefragt, Instinkt, Gefühl, Erfahrung, Intuition, und etwas wird erspürt, das auch ins Produkt mit aufzunehmen, das versuche ich erstmals.

A.E.: Also es nicht nur als Mittel zu nehmen, die Intuition, um den Fluss herzustellen, wie in einem Essay, sondern das direkt, also nicht als Mittel, sondern schon als Produkt selbst zu sehen.

E.M.: Ja, das auch gewissermaßen zu zeigen, also das nicht nur in mir verschlossen ablaufen zu lassen, ohne dass ich selbst darüber besonders viel weiß, nur dass es eben eine Triebkraft für das Produkt letztlich ist, oder eine Vergewisserung, Selbstvergewisserung, das versuche ich erstmals jetzt auch sichtbar zu machen, wahrnehmbar zu machen.

A.E.: Also nicht nur als Basis zu nehmen, sondern auch als Ergebnis.

E.M.: Genau, und was daran für mich schwierig ist, ist, ich vermag dem quasi nachzuspüren, und das zu erkennen, wahrzunehmen, wie man das jetzt dann aber, was man selbst beispielsweise wahrnimmt, empfindet, denkt, fühlt, wenn man an so einem Fluss steht, der rauscht, und man macht dann irgendeine Aufnahme davon, man versucht das festzuhalten, zu konservieren, wie man quasi das, was für einen selbst damit alles verbunden ist, in eine Form bringt, also in eine Art von Gestaltung bringt, so dass jemand anderer das nachvollziehen kann, oder damit etwas anfangen kann, das weiß ich nicht, da habe ich keine Erfahrung damit.

A.E.: Ich habe darauf gewartet, das rekurriert auf das, was wir vor zehn Minuten, einer viertel Stunde, hatten, in der Feststellung eines eventuellen Unterschiedes zwischen wissenschaftlichem Arbeiten, im Sinne der Objektivierbarkeit, und der Nachvollziehbarkeit, und einer These, die zumindest im Raum stand hier, im Gespräch, dass ein Kunstwerk vielleicht das Gegenteil tut, beziehungsweise mit einer gegenteiligen Einstellung entstanden ist, nämlich, dass es gar nicht nachvollzogen werden kann und soll, sondern dass der Betrachter, der Hörer, der Befühler des Kunstwerks seine eigene Beziehung dazu herstellen muss.

E.M.: Ja, das ist ja, ich sage jetzt einmal egal für meinen Produktionsprozess, das Problem in meinem Produktionsprozess besteht darin, dass eine nackte Wiedergabe von irgendetwas, eben eine nackte Wiedergabe von irgendetwas ist, und nicht die Fülle der von mir dabei gehabten Eindrücke auch mitspeichert, das heißt, ich muss gestalterisch tätig werden, um mit diesem nackten Material etwas zu zeigen.

A.E.: Aber der Gedanke, während du das tust, während du gestaltest, der Gedanke, den du gerade selbst geäußert hast, dass du dir auch Gedanken über die Nachvollziehbarkeit deiner Empfindungen machst, der beeinflusst natürlich die Art der Gestaltung, und angenommen, du machtest dir gar keine Gedanken über eine eventuelle Nachvollziehbarkeit, dann wäre der Gestaltungsprozess auch ein anderer, dann wärst du quasi mit dir allein, ohne an irgendwen, an irgendwelche eventuelle Betrachtung oder Rezeption zu denken, natürlich beeinflusst, oder beeinflusst das nicht den Gestaltungsprozess, deiner Meinung nach?

E.M.: Nein, zunächst einmal muss es ja mich selbst auch überzeugen, also wenn ich eine nackte Tonaufnahme von irgendetwas habe, dann muss ich, in der Art und Weise, wie diese Tonaufnahme dann einem Gestaltungsprozess unterzogen wird, muss ich davon überzeugt sein, dass es etwas Transportiertes ist, irgendetwas ist, außer eine nackte Aufnahme von irgendeinem Fluss, der da gerade rauscht.

A.E.: Richtig, aber was es transportiert, das muss es nur für dich transportieren, und für niemanden anderen, das wäre die Gegenthese.

E.M.: Ja, aber es muss etwas transportieren, es muss sozusagen mehr sein als eine nackte Aufnahme von irgendeinem Rauschen.

A.E.: Ja, das kann aber auch durch einen Zusammenhang, in den man das stellt, hergestellt werden.

E.M.: Natürlich, das wäre Gestaltung.

A.E.: Ja, aber die Nachvollziehbarkeit spielt dann dabei keine Rolle erstmal, ich will nur dieses Wort, das du selbst genannt hast, raushaben kurz.

E.M.: Nein, der Zusammenhang, der sich, zunächst einmal für mich, herstellt, und evident wird, da muss etwas sein, und bevor das nichts ist, ist das nichts wert für mich.

A.E.: Gut, jetzt unabhängig von Nachvollziehbarkeit durch Dritte?

E.M.: Unabhängig, ja.

A.E.: Gut, dann hätten wir das geklärt, danke, dieses Es-Muss-Irgendetwas-Aussagen für dich, es muss ein Transfer stattfinden von der reinen Aufnahme eines Flussrauschens zu etwas Bedeutsamem, für dich Bedeutsamem, das kann man ja nicht, was dann bedeutsam ist, oder wann das passiert, wann es für dich bedeutsam geworden ist, oder transferiert ist, das kann man ja nicht immer benennen, muss man das benennen können?

E.M.: Nein, das muss man nicht benennen können, aber man muss es zeigen können, mit welchen Mitteln auch immer.

A.E.: Wie weiß man, in sich selbst erstmal, wann etwas transferiert ist oder bedeutsam für einen selbst, weiß man das im Kopf?

E.M.: Nein, das, würde ich meinen, spürt man dann auch, aber das Schwierige ist eben …

A.E.. Kann man das dann überhaupt benennen?

E.M.: Nope, also du versuchst mir ja das Sehen durch Kameraaugen beizubringen, und da lässt sich das beispielsweise schon benennen, ich kann quasi diesen Fluss nackt abphotographieren, um den visuellen Eindruck, den ich hatte, irgendwie mitnehmen zu können, und mir zuhause am Computer noch einmal vergegenwärtigen zu können, aber du zeigst mir, dass es darauf ankommt, wie viel von dem Fluss, in welchem Ausschnitt, in welchem Licht usw. sichtbar ist, und das wird jedes Mal etwas ganz anderes, das wäre Gestaltung, das wäre zwar nicht eine Benennung dessen, was da passiert, damit es bedeutsam wird, aber eine Technik, um das bedeutsam zu machen.

A.E.: Ja, das ist Handwerk, das bei jedem Produktionsprozess mit eine Rolle spielt, und keine kleine.

E.M.: Ja, das ist künstlerische Gestaltung.

A.E.: Ja, genau, aber man kann sie nicht immer benennen, was jetzt daran, also ich kann dann sagen, ja klar, mit dem und dem Ausschnitt wirkt es so und so anders, aber letztendlich, ob es dann wirklich auf eine Metaebene transferiert wird zum Beispiel oder auf eine künstlerische Empfindungsebene, das entscheidet nicht nur das Handwerk, sondern etwas auch nicht Benennbares, ich möchte noch einmal auf dieses Nicht-Benennbare kommen, im Zusammenhang mit deinem Aufsatz, der genau darum kreist, um das nicht Benennbare in der Musik, das nicht Ausdrückbare in der Musik, also wenn die Frage heißt, lässt sich eigentlich nicht Benennbares trotzdem irgendwie in einer anderen Form ausdrücken als durch sich selbst, also lässt sich die Musik in irgendeiner anderen Form ausdrücken als durch sich selbst, durch Töne, da kommst du in deinem Essay ja, wenn ich mich recht erinnere, zu dem Ergebnis, das geht nicht, könntest du diese deine Erkenntnis, oder würdest du sie verallgemeinern, dass man nichts, das man nicht aus der Form selbst benennen kann, in einer anderen Form ausdrücken kann?

E.M.: Ja, es gibt nur Annäherungen.

A.E.: Gültige, also beeindruckende?

E.M.: Ja, ja, das gibt es, aber quasi eine Eins-zu Eins-Übersetzung gibt es nicht.

A.E.: Ist eine solche Annäherung, eine größtmögliche Annäherung, sinnvoll, oder ist es nicht dann eigentlich, wenn es nur eine Annäherung gibt und nicht eine Eins-zu-Eins-Deckung, nicht sinnvoll, das einfach zu lassen, und nur Töne in der Musik sprechen zu lassen, und nur Farben in Bildern, oder Komplementärkontraste in Bildern, oder Oberflächenbeschaffenheiten in einer zu ertastenden Skulptur?

E.M.: Ich meine, du kannst ja auch ein eigenes Gesamtkunstwerk verfolgen und das alles verwenden.

A.E.: Oder, um noch einmal zu den Worten an sich zu kommen, den Sound, den Rhythmus von Vers- oder auch Prosazeilen, sogar unabhängig, losgelöst vom Inhalt, dass quasi eine zweite, eine musikalische Ebene in der Sprache schwebt oder schwingt, dann darüber zu schreiben, das dann noch einmal zu ergründen, das nachvollziehbar zu machen, das wäre ja ein wissenschaftlicher Versuch.

E.M.: Ja, ich verstehe jetzt nicht genau, wo du hin willst.

A.E.: Auf das Nicht-Benennbare und den Versuch, sich dem anzunähern, über eine andere Ausdrucksform.

E.M.[lange Pause]: Also natürlich versucht die Literaturwissenschaft die ganze Zeit, das Nicht-Benennbare in der Literatur zu benennen, das, was quasi ein Gedicht zum Gedicht macht, und Bedeutsamkeit produziert [A.E.: Oder Gefühl produziert, auch nur.], oder der gestaltgebende Akt war, das dann analytisch zu entschlüsseln, was da gemacht wurde, auf dass es jetzt so ist, das kann man schon tun, das ist aber nicht das Selbe, das du erfährst, wenn du quasi die Analyse eines Gedichts liest, ist das nicht das Selbe für dich als Wahrnehmenden, wie wenn du das Gedicht liest.

A.E.: Jetzt kommt meine verzweifelt, und in meinem ganzen Leben immer wieder als virulent sich erweisende Frage, hat es einen Sinn ein Gedicht zu analysieren oder über ein Musikstück zu schreiben, und nicht nur das Gedicht zu lesen und das Musikstück zu hören?

E.M.: Ja, ja, es hat einen Sinn.

A.E.: Welchen? Bitte.

E.M.: Ich empfinde es als, und das wäre wohl vermutlich eine wissenschaftliche Perspektive oder Fokussierung, ich finde es spannend, das zu ergründen, was da sozusagen dahinter steckt, was unter dieser Oberfläche ist.

A.E.: Aber wenn es doch nur als Annäherung geht?

E.M.: Ja, aber es kann ja trotzdem sportlich und spannend sein, zu schauen, was ist das eigentlich, was ich da so als Ganzheitliches empfinde dann und wahrnehme, ja.

A.E.: Eine sportliche Aufgabe, warum ist Wissenschaft keine olympische Disziplin? Die Frage muss nicht beantwortet werden.

E.M.: Nein, also ich meine warum soll ich mir die Mühe machen, irgendetwas über Musik zu schreiben, das kann man echt bleiben lassen und Musik hören gehen [A.E.: Oder Musik machen gehen.], oder Musik machen gehen, noch besser, ich finde es dennoch reizvoll, und ich freue mich auch, wenn ich etwas lese, was weiß ich, um irgendeinen Satz herauszugreifen, jemand hat behauptet, Musik sei formgewordene Stille, dann finde ich das einen geilen Satz, über den sich nachzudenken lohnt, macht mir Spaß.

A.E.: Das ist ein, ich benutze den Begriff und übersetze das für mich, eine Art von sportlich-akrobatischem Wettstreit, oder eine sportlich-akrobatische Herausforderung, intellektuell.

E.M.: Ja, ich würde weiter gehen, es ist eben nicht nur Sport, sondern es ist auch Erkenntnislust damit verbunden, und da passiert auch dann ein Erkenntnisprozess.

A.E.: Ok, ich erkenne, oder ich weiß dann mehr über Musik, interessiert, aber hat mit dem Hören von Musik nur annäherungsweise zu tun.

E.M.: Ja, wenn du so willst kann ich reflektieren, was mit mir vor sich geht, wenn ich Musik höre.

A.E.: Ok, ist Reflektieren überhaupt wünschenswert?

E.M.: In dieser Welt, ja.

A.E.: Warum?

E.M.: Also, erstens einmal habe ich ein bestimmtes Geistesvermögen, das ich gerne nutze, als sozusagen Tierart, die über dieses Vermögen verfügt, und zweitens ist eben dieses, sage ich jetzt einmal, vegetative und empfindende Dasein im dem Augenblick Hingegebensein in dieser Welt praktisch nicht lebbar.

A.E.: Richtig, meine Schlussfolgerung daraus ist, dass man deswegen nicht anfangen muss, zu reflektieren, sondern einfach die Welt verändern, dass sie nur über reines Empfinden lebbar werde.

E.M.: Leider, also die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass in deiner Lebenszeit die Welt sich nicht so verändert haben wird, dass es für dich möglich sein wird, so zu leben.

A.E.: Wir werden trotzdem alles versuchen, damit das klappt, oder [lacht]?

E.M.[lacht]: Unbedingt.

A.E.: Genau, unbedingt, das ist die Botschaft dieses Interviews, unbedingt muss die Welt so verändert werden, dass man nicht mehr reflektieren muss, sondern nur noch hören, sehen schmecken, riechen, tasten.

E.M.: Nein, Reflektieren ist schon geil, also quasi die symbolbildende Kraft, die die Menschen haben, und die, wie man vermutet, die Tiere nicht haben, die, also sozusagen die Vermögen, mit denen ich ausgestattet bin, zu nutzen, das mache ich schon gerne, und dazu gehört auch das Vermögen zu denken, das möchte ich nicht missen, oder sagen wir so, die künstliche Ausschaltung des Denkvermögens ist kein Ziel, das ich anstrebe.

A.E.: Das wäre ja keine künstliche Ausschaltung, es wäre einfach …

E.M.: Doch, du müsstest es immer ausschalten, selbst wenn die Welt so beschaffen wäre, dass ein reines, dem Augenblick hingegebenes [A.E.: sinnliches Leben.] sinnliches Leben möglich wäre, müsstest du quasi diese alles Empfinden begleitende Denktätigkeit irgendwie künstlich unterbinden, da wäre ich nicht dafür, also es wäre natürlich eine Welt, in der es keine Kunst gäbe, das ist schon klar, das ist dir klar?

A.E.: Doch, es gäbe nur Musik, es gäbe nur Bilder, gäbe nur Tastlandschaften.

E.M.: Nein, weil du die Übersetzung gar nicht tätigst, also du nimmst wahr, was da draußen wahrzunehmen ist, aber du symbolisierst nicht mehr.

A.E.: Also sind Töne auch schon ein Symbol, also Töne in Kompositionen?

E.M.: Natürlich, das ist eine Form der Gestaltung.

A.E.: Wieso muss ich aber die zweite Ebene noch einziehen, wenn ich Töne einer Komposition als Übersetzung der tönenden Welt sehe, eines Teils, eines Ausschnittes, eines neu oder anders gesehenen Ausschnittes der tönenden Welt, warum muss ich dann auch noch darüber schreiben, also eine zweite Metaebene darauf setzen, nämlich die reflektierende Ebene des Schreibens, über die Art der Übersetzung des Tönens der Welt?

E.M.: Das muss ich ja nicht tun, aber es gibt Menschen, die das gerne tun.

A.E.: Gut, Freiheit der Berufswahl, es gibt Menschen, die das gerne tun, und es gibt Menschen, die das gerne lesen oder rezipieren im Allgemeinen, wer ist dir da am liebsten [E.M.: Wie?], als Rezipienten deiner Arbeit [E.M.: Meiner Arbeit?], an wen richtest du dich gerne mit deiner Arbeit?

E.M.: An Gleichgesinnte.

A.E.: Danke, wenn eine Arbeit fertig ist, wie der Musikaufsatz zum Beispiel, und die Arbeit wird veröffentlicht, und es werden Feedbacks kommen, welches sind deine Empfindungen, bevor die Feedbacks kommen, womit rechnest du, wovor hast du Angst, hast du überhaupt Angst vor Feedbacks?

E.M.: Na eigentlich bin ich neugierig darauf, weil das so eine Art von Spiegel ist, in dem man sich dann betrachten kann, der mag auch Verzerrungen beinhalten, aber im Grunde bin ich ein bisschen neugierig darauf, wie andere das, ja, was andere damit anfangen.

A.E.: Ok, natürlich freut man sich, wenn die dann was anfangen können und sagen, das ist super geil, finde ich toll und so, freut man sich, wenn einer sagt, finde ich totale Scheiße, also nicht totale Scheiße, aber wenn einer sagt, ja, ok, ähm passt schon, nimmst du das an, übernimmst du das, geht es dir schlecht dabei, oder sagst du, der Typ hat keine Ahnung, der hat es einfach nur nicht kapiert, was ist eher deine Reaktion?

E.M.: Also, ich bin gefährdet, ich bin verunsicherbar, und ich bin gefährdet, was ich tue in Frage zu stellen, und das kann eben ein Auslöser sein [A.E.: Durch Urteile anderer?], dass Urteile kompetenter anderer mich verunsichern, aber das kann dann ja auch wiederum ein produktiver Zweifel sein.

A.E.: Kann es das wirklich bei dir, ist das ein produktiver Zweifel?

E.M.: Nein, das ist meistens eben, insofern spreche ich auch von Gefährdung, also die Gefährdung besteht darin, das eben nicht zum produktiven noch einmal Durchdenken zu machen, sondern zur Selbstvernichtung.

A.E.: Selbstherabsetzung, Selbstvernichtung, genau, steht das dann im Gegensatz zu einer Arbeit, die gerade veröffentlich ist, zu der du noch kein Feedback hast, also wenn du etwas beendet hast, bist du dann stolz?

E.M.: Nein.

A.E.: Freust du dich, dass es zu Ende ist [E.M.: Ja.] im Sinne von Erleichterung, oder im Sinne von, ja, das ist …?

E.M.: Es ist erleichternd, und ich beobachte das jetzt in den letzten Jahren, dass es ein bisschen sich entwickelt in Richtung auch einer anderen Form von Zufriedenheit, also von ich kann da auch hinschauen und es gut finden, was ich gemacht habe, ich kann mich erinnern an Situationen, in denen es eben nur die Erleichterung gab, dass das jetzt abgeschlossen ist, in denen ich nicht hinschauen wollte, oder wenn ich hingeschaut habe [A.E.: Angstvoll hingeschaut hast?], eine Form von Scham auch empfunden habe, ich war, also das letzte was ich war, da war ich dann stolz darauf, sondern ich habe mir gedacht, mah, das hättest du echt besser machen müssen und so.

A.E.: Aber eine Scham über die Qualität des Produkts, oder eine grundsätzliche Scham, dass jemand so geringes wie Frau Professor Doktor Elfie Miklautz überhaupt es wagt, irgendetwas zu veröffentlichen?

E.M.: Die spielt da mit rein, vermutlich.

A.E.: Also, das ist eine Gesamtpersönlichkeits-Angst.

E.M.: Genau, das spielt immer mit eine Rolle.

A.E.: Aber, wie du sagst, zunehmend weniger [E.M.: Ja, genau], das heißt wir haben hier eine positive Entwicklung zu verzeichnen, das ist wunderbar, nochmal zu dieser, zu deiner Gefährdung, eine wie immer geartete Kritik nicht als Ansporn sondern als Blockade zu nehmen, zum Beispiel eine Kritik, wie, du, ich weiß gar nicht, worauf du hinaus wolltest, ich habe dich nicht verstanden, wenn so etwas explizit kommt, also Verständnisprobleme deiner Leser, deiner Rezipienten, deiner Hörer, beeindruckt dich das auch in diesem Sinn, oder beeindruckt dich das überhaupt, oder legst du Wert darauf, verstanden zu werden? Also es gibt hier ein Zitat von einem meiner Lieblingsmänner, Heidegger, das Sich-Verständlich-Machen ist der Selbstmord der Philosophie, das kann man ja erweitern, nicht nur auf die Philosophie beziehen, das heißt, es geht mir hier um, ich nenne zwei Begriffe wieder, Hermetik und Publikum als Gegensatzpaar, reicht es dir erstmal, wenn du selbst verstanden wirst, also wenn du dich selbst verstehst, während des Produktionsprozesses, oder legst du, schon während des Arbeitens, Wert darauf, dass deine Gedankengänge, wir kommen auch wieder in diese Nachvollziehbarkeit hinein, deine Gedankengänge verstanden werden sollten, und das eben so, in dieser Art der Kritik so …

E.M.: Ich meine, ich rotz meinen Text nicht hin, sondern ich achte schon darauf, dass das in einer bestimmten Argumentationslogik auch hingeschrieben wird.

A.E.: Ja, aber die könntest du ja erstmal nur für dich aufstellen, die Argumentationslogik.

E.M.: Ja, es muss für mich in sich stimmig sein, und bei den Rezipienten ist es dann, kommt es dann darauf an, um welche Art von Rezipienten es sich handelt, also ich bin bereit, Menschen, die ein ernsthaftes Interesse an dem, was ich tue, haben, oder am Thema, mit dem ich mich beschäftige, die eine Nachfrage stellen, wie dieses oder jenes gemeint sei, da bin ich durchaus bereit, da etwas dazu zu sagen und das ein bisschen zu erläutern, aber nicht für Leute, die also ganz fern von diesem Metier sind, da denke ich mir, hej, pff.

A.E.: Du hast vorhin, auf die Frage nach deiner Zielgruppe, nach deiner Lieblingszielgruppe hatte ich gefragt, geantwortet, Gleichgesinnte, das könnten dann Gleichgesinnte im Sinn von auf die gleiche Weise denkende oder arbeitende Leute sein, aber auch Gleichgesinnte im Sinn von thematisch gleich Interessierte, am Thema Interessierte?

E.M.: Ja, ich kann es auch ganz buchstäblich übersetzen, mit der gleichen Art von Sinnlichkeit begabte Menschen, also mit einem ähnlichen Erfahrungsreichtum, sage ich einmal, ausgestattete Menschen.

A.E.: Aber angenommen die hätten dann nicht deinen begrifflichen Wergzeugkasten, weil sie zum Beispiel keine Soziologen oder Philosophen oder Geisteswissenschaftler im Allgemeinen sind, solchen Leuten, die gleich oder ähnlich sinnlich drauf sind, denen würdest du auch geduldig deren Verständnisprobleme versuchen auszuräumen?

E.M.: Ja, genau, nicht aber für irgendwelche Dumpfbacken. Eine Sache ist mir noch wichtig in diesem Zusammenhang, die auch bei mir aufgetaucht ist, also es war viel auch davon die Rede, was mich denn antreibt, oder woraus ich quasi schöpfe, oder so.

A.E.: Ja, der Fluss, die Quelle.

E.M.: Ja, wie dieser Fluss entsteht, also die zentrale Frage, es hat etwas zu tun mit deiner Frage, ja, warum muss man denn darüber dann auch noch reflektieren, reicht es nicht Musik zu machen, warum darüber auch noch etwas aussagen wollen, in Wissenschaftssprache, ich bin eigentlich durchgängig auf der Suche nach einer Betätigung, Arbeit, nach einem Tun, das mich begeistert, oder fesselt, das mich also als Ganzes involviert, und …

A.E.: Das hattest du bisher noch nicht gefunden?

E.M.: Von dem ich das Gefühl habe es ist wichtig, es ist sinnvoll, es ist richtig, es ist toll [A.E.: Es füllt mich aus.], es füllt mich aus, ja.

A.E.: Das gab es bisher nicht bei dir?

E.M.[lange Pause]: Mh, und das ist auch so ein Rekurs auf die Frage nach der Leidenschaft, also ich habe das eine Zeit lang so gedacht, dass ich wie, also ich weiß in welcher Art von Leidenschaft ich in Liebesangelegenheiten empfinde, wie die für mich sind, und ich hätte gerne auf einer anderen Ebene des Tuns etwas, was mich in ähnlicher Weise bindet, wo ich in ähnlicher Weise drin bin, das mich in ähnlicher Weise ausfüllt.

A.E.: Also eine Art von Schaffensliebe, als Pendant zur Personenliebe?

E.M.: Ja, man kann es vielleicht als solches bezeichnen, also das berührt dann eben so große Fragen wie die nach dem Sinn des Lebens oder so, was tue ich überhaupt und wozu, und wie verbringe ich denn meine Zeit, ja – kann ich tun als große Liebende und kann quasi die ganze Zeit große Oper machen, manchmal ist aber auch gerade Pause, oder Schluss oder so [A.E.: Kulissenumbau.], also was könnte man denn sonst noch machen gewissermaßen, was ähnlich involviert, diese Frage habe ich mir öfter gestellt, und auf der Suche war ich, bin ich.

A.E.: Könntest du dir vorstellen, angenommen du fändest so etwas komplett Ausfüllendes, also etwas, das die Liebe nicht nur ermöglicht, sondern sogar erfordert, also die Schaffensliebe, ich bleibe einmal bei dem Begriff, könntest du dir vorstellen, dass ein Bereich davon trotzdem immer noch das Reflektieren wäre?

E.M.: Ja, das kann ich mir vorstellen, und warum ich jetzt zum Beispiel diese Dinge über Musik geschrieben habe, das hängt damit zusammen, dass ich eben in einer Situation bin, in der ich eben eine bestimmte Beschäftigung habe, für die ich bezahlt werde, und die den angenehmen Nebeneffekt hat, dass ich da schon sehr weitgehend Dinge tun kann, die ich gerne tue, und ich könnte jetzt also sozusagen nicht Bilder malen und damit die Aufgaben in meinem Beruf erfüllt wissen, ich kann aber, und das ist schon sehr an den Grenzen entlangtastend, Musikästhetik als Thema mir wählen, obwohl ich an einer Wirtschaftsuniversitä, und an einer Soziologieeinrichtung bin, ist das möglich, also das ist sozusagen, sage ich jetzt einmal, eine relativ weite Ausdehnung des Selbstverständnisses in meinem Beschäftigungsverhältnis, was ich da tue, und das kommt sehr nahe an das heran, was ich eh tun will.

A.E.: Das wollte ich gerade fragen, wie nah kommt diese Dehnung deiner Definition als Wissenschaftlerin dem, was du als quasi Wunsch nach Erfüllung, nach leidenschaftlichem Arbeiten, so wie leidenschaftlichem Sozialgefüge oder sozialer Beziehungen, definiert hast?

E.M.: Ja, das kommt eben relativ schon weit nahe, und man sollte sich vielleicht auch nicht, also die Frage wäre, gäbe es eine Einrichtung, die einfach sagt, sie kriegen ihr Gehalt weiter wie bisher, sie brauchen dafür gar nichts tun, beziehungsweise was sie dafür tun, das entscheiden sie selbst.

A.E.: Sie bringen sich ein, das reicht uns.

E.M.: Richtig, was ich dann täte, weiß ich nicht.

A.E.: Wenn man Leidenschaft, direkt anschließend, wenn man als einen unverzichtbaren Bestandteil von Leidenschaft Sinnlichkeit betrachtet und Sinnlichkeit wörtlich nähme, und du dieses Jobangebot hättest, sei einfach du selbst, reicht uns, dafür kriegst du Kohle, würden dann die Sinne, Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten, eine größere Rolle spielen als bisher?

E.M.: Ja.

A.E.: Ich rede auch von unmittelbaren, körperlichen Sinneseindrücken.

E.M.: Ja, ich weiß, was du meinst, wäre der Fall, ja.

A.E.: Über das, was du überhaupt in deiner jetzigen, in deinem jetzigen Arbeitszusammenhang für möglich hältst, hinaus?

E.M.: Ja, weil sie nicht mehr zugedeckt werden würden, derzeit ist es ja so, dass die auch alle, ich sage einmal sehr lebendig sind und aktiv beteiligt an meinen Lebensvollzügen, dass die aber in den Produkten meiner Arbeit nicht manifest vorhanden sind, sie zeigen sich nicht, sondern sie bleiben implizit, latent, weggewischt.

A.E.: Um deinen Aufsatz über Musik, dein Essay über Musik zu schreiben, musstest du viel Musik gehört haben, sonst hättest du nichts schreiben können [E.M.: Richtig.], das heißt, die Voraussetzung dafür ist deine sinnliche Musikerfahrung über lange Zeit hinweg, sonst kannst du so etwas nicht schreiben, sonst kannst du diese Annäherung über ein anderes Medium, in diesem Fall Text, nicht versuchen.

E.M.: Aber ich hätte in diesem wunderbaren Angebot die Möglichkeit, stärker experimentell auszuloten, was sich denn mit meiner Sinnlichkeit noch machen ließe.

A.E.: In diesem imaginierten Angebot, wir bezahlen dich um deiner selbst willen, Frau Miklautz.

E.M.: Ja, und nicht zuletzt ist auch dieses Projekt, in dem wir uns da jetzt gemeinsam befinden, eines, das mir experimentelles Ausloten anderer Ausdrucksformen als der des wissenschaftlichen Textes möglich macht.

A.E.: Wäre dein Körper, das ist quasi die Fortschreitung der mehr eingebrachten Sinnlichkeit, in dieser Idealofferte, wäre dein Körper dann wichtiger beim Arbeiten, als er jetzt ist, bezogen auf Schaffensprozesse?

E.M.: Ja.

A.E.: Jetzt ist dein Körper die Voraussetzung, dass dein Gehör funktioniert, ist die Voraussetzung für diesen Aufsatz, für diesen Essay gewesen, würde dein Körper dann unmittelbarer eingebracht in Produkte?

E.M.: Ja.

A.E.: Wäre das, was du vorhin als Quelle, oder als Begriffsfeld für die Quelle deines Flusses, deines Arbeitsflusses, oder des Fortgangs des Prozesses bezeichnet hast, nämlich Intuition, wäre das dann auch wichtiger, oder ist das jetzt, wie ich dich vorhin verstanden habe, jetzt schon so der Quellgrund?

E.M.: Es wäre insofern noch einmal wichtiger, als es nicht mehr begründungspflichtig wäre.

A.E.: Im Sinn dieser wissenschaftlichen Objektivierbarkeit?

E.M.: Ja, ich könnte dem mich noch stärker anheim geben.

A.E.: Hingeben, Hingabe, sinnliche Hingabe.

E.M.: Ja.

A.E.: Arbeitest du lieber in der Stadt oder auf dem Land?

E.M.: Am Land.

A.E.: Wo hast du den Musikessay geschrieben?

E.M.: Ja, größtenteils am Land, ich glaube schon.

A.E.: Hypothetische Frage, Spielereifrage, wäre der in der Stadt anders geworden, in Wien?

E.M.: Nein.

A.E.: Also ist die Arbeitsumgebung, jetzt jedenfalls in diesem Fall, für das Resultat, deiner Auffassung oder deiner hypothetischen Vorstellung nach eher unwichtig, oder trotzdem wichtig?

E.M.: Nein, ich kann es mir schwer oder leicht machen.

A.E.: Und du behauptest, das ist eine kühne Behauptung, dass das Ergebnis trotzdem einigermaßen gleich wäre, gleich gewesen wäre, das ist kühn.

E.M.: Ja, weil ich eben, wie ich vorher schon gesagt habe, bestimmte Abschottungs- und Filterungsvorgänge und Zurichtungsvorgänge meiner Umgebung vornehmen muss, um überhaupt produktiv sein zu können, und das ist halt in der Stadt anstrengender, aufwendiger, kostet mehr Energie, und mehr …

A.E.: Also die Abschottung ist mühsamer?

E.M.: Richtig.

A.E.: Und die Kraft, die man da bei dieser mühsameren Abschottung in größeren Maßen verbraucht, beeinflusst nicht die Kraft, die noch übrig bleibt für das eigentliche Produzieren?

E.M.: Nein, man braucht halt wahrscheinlich länger, es ist in mir so evident, was dabei rauskommt, dass ich das nicht verwässere oder verschlampe oder verunstalten lasse durch die Umgebung, da würde ich kämpfen.

A.E.: Der Essay über die Grenzen, Musik in Sprache auszudrücken, erscheint dieses Jahr. Ist der fertig?

E.M.: Das ist die hübsche Möglichkeit, die eine Einladung zum Beitrag in einem Essayband bietet, zu sagen, ja das ist jetzt fertig, weil ich habe nicht mehr als zwanzig Seiten, und was sich auf zwanzig Seiten sagen lässt, ist gesagt, wunderbar, fertig, natürlich ist das in keinster Weise zu Ende gedacht, aber …

A.E.: Aber du kannst diese Arbeit als abgeschlossen betrachten?

E.M.: Ja, ich bin in dem Fall dankbar für die Konventionen, innerhalb derer ich produziere.

A.E.: Zum Beispiel Abgabedaten, Deadlines?

E.M.: So, dass ich das als abgeschlossen betrachten darf und muss.

A.E.: Angenommen in deinem Idealjob, in dem du für deine bloße Existenz bezahlt würdest, also in dem deine bloße wertvolle Existenz auf diesem Planeten honoriert würde, gäbe es diese Deadlines nicht.

E.M.: Mhm, das wäre nicht gut für mich, dann bringe ich nichts zu Ende.

A.E.: Also, dann ist jetzt ja doch kein Idealjob?

E.M.: Na, ich bräuchte das Eingebunden-Sein in irgendwelche Strukturen, Institutionen oder in Verbindlichkeiten anderen Menschen gegenüber.

A.E.: Diese Art von Verbindlichkeiten dir selbst gegenüber einzugehen und durchzuhalten hältst du für schwieriger, als Verbindlichkeiten von Strukturen, ich nenne es einmal hart, oktroyiert zu bekommen?

E.M.: Ja, beziehungsweise oktroyiert, das sind ja auch welche, denen man sich dann freiwillig unterzieht, oder die man mit aushandelt, also wenn ich dem FWF gegenüber sage, ich will ein Projekt machen, das soll in drei Jahren fertig werden, dann hat mir niemand etwas aufoktroyiert.

A.E.: Warum könntest du nicht ein ähnlich kompetenter Verhandlungspartner mit dir selbst sein, also statt mit dem FWF das mit dir selbst auszuhandeln?

E.M.: Ich bin nicht gut im [A.E.: Selbstverhandeln?] Zurichten meiner selbst.

A.E.: Wenn eine Arbeit fertig ist, also von dir als fertig betrachtet, aufgrund welcher Umstände, Regeln, struktureller Bedingungen auch immer, wenn sie für dich also fertig ist, ist sie dann automatisch auch gelungen, weil sie fertig ist? Erweitert, wann ist sie gelungen?

E.M.: Also erste Antwort, nein, zweite Antwort, da kann ich nur einen platten Satz dazu sagen, wenn ich dahinterstehe, wenn ich dazu stehe, wenn ich damit einverstanden bin.

A.E.: Hast du jemals Arbeiten, Werke abgegeben, zu denen du nicht stehst, standest?

E.M.: Ja, zu denen ich zumindest ein sehr laues Verhältnis habe, durchaus.

A.E.: Warum hast du sie abgegeben, warum gibst du eine nicht gelungene, zumindest nicht vollständig gelungene Arbeit ab?

E.M.: Ja, wie gesagt, ich habe in meinem Job viele Spielräume, aber es gibt auch Grenzen dessen, was erlaubt ist und zulässig und möglich, und dazu gehört, ja, dazu gehört, dass ich hin und wieder mal etwas schreibe, und hin und wieder mal etwas schreibe, was ich mir thematisch nicht unbedingt selbst in jeder Hinsicht ausgesucht habe, und wo ich dann schon mit wenig Leidenschaft an die Sache herangehe, und dann das auch schreibe und abgebe und dann halt auch mit wenig Leidenschaft das Produkt mir ansehe, und dennoch habe ich es gemacht, und das ist auch gut so, und ja, dazu würde ich beispielsweise diesen Aufsatz zählen, den ich in so einem Sammelband über Sozioökonomie verfasst habe, das ist jetzt, wenn ich quasi Rückschau auf mein Leben halte, gehört das nicht zu den Produkten, die mich mit großer Freude erfüllen, das ist halt so, wie soll ich sagen, handwerklich gemacht und abgeschlossen.

A.E.: Also, es ist eine Art von Zufriedenheit, eine andere Art von Zufriedenheit über das Gelingen?

E.M.: Ja, genau, es ist eine Zufriedenheit damit, in dieser Weise zu funktionieren, weil das auch sich jedes Mal als Frage neu stellt, ob das überhaupt noch geht, ob es überhaupt geht, da bin ich dann ganz froh, dass das geht, es ist zwar zäh und absolut nicht lustvoll, aber ja, es ist machbar.

A.E.: Eine Zufriedenheit, funktioniert zu haben, jetzt ein bisschen spitz ausgedrückt?

E.M.: Richtig, auf die reduziert sich das dann.

A.E.: Es gibt eine Art, einen ziemlich küchenpsychologischen Ratschlag, und zwar autosuggestive Erlangung von Selbstzufriedenheit, der da lautet, Hauptsache, du hast das Gefühl, du habest dein derzeit Bestes gegeben. Ist das für dich ein Kriterium für etwas Gelungenes, ich konnte es in diesem Moment nicht besser, ich habe das, was ich in diesem Moment draufhatte, rausgeholt, und allein deshalb, oder auch deshalb, ist es gelungen?

E.M.[lange Pause]: Also, das ist ein lasches Ding, gell, man kann es schon nehmen, aber es ist echt lasch, pff, ja ok, also …

A.E.: Es ist lasch.

E.M.: Es ist lasch, ja, es hängt davon ab, worum es sich handelt, also wenn ich jetzt an den Musikaufsatz denke, dann würde ich das hier auch anführen, das ist das, was im Rahmen meiner Möglichkeiten, in diesem Zeithorizont, von mir gemacht wurde, und ich habe das bestmöglich gemacht, und das finde ich gut.

A.E.: Aber vorhin kam raus, dass dein Gelingensgefühl ja über dieses „ ich habe mein Bestes gegeben“, jedenfalls in diesem Beispiel, hinausgeht [E.M.: Ja.], so habe ich das verstanden, dass es auch ein quasi objektives Gelingen gibt, nicht nur das subjektive, ich habe das Beste, was ich gerade konnte, da rausgeholt.

E.M.: Naja, für mich ist eben ein großer Unterschied zwischen dem … diesen Satz, den du da jetzt geäußert hast, den kann ich heranziehen für den Musikaufsatz, wie auch für den, wie hieß das Ding, Antiökonomische-Ökonomie-Aufsatz.

A.E.: Mhm, was ist der Unterschied in deinem Gelingensgefühl zwischen den beiden?

E.M.: Dass ich den einen mit Leidenschaft geschrieben habe und den anderen nicht.

(FEHLENDES WEGEN LEERER BATTERIE)

A.E.: Der Nachtrag, beziehungsweise die eigentlich finale Botschaft des Interviews, Frau Professor Doktor Elfie Miklautz kommt jetzt noch, anschließend an den Teil zwei, in dem es am Ende um die verschiedenen Arten des Gelingens ging, eines Werkes, einer Arbeit, und die zwei Ebenen des Gelingens auf einer funktionalen, also in der Struktur funktionierenden Ebene ging, Einhaltung von Deadlines und Erfüllen der Anforderungen des, in diesem Fall, wissenschaftlichen Betriebes, zum Beispiel eines Aufsatzes über Sozioökonomie, und das Gelingen, das selbstempfundene Gelingen eines mit Leidenschaft verfolgten Themas, zum Beispiel des Aufsatzes über Musik und Sprache, es ging dann in diesem Spannungsfeld zwischen Leidenschaft und Funktionieren beim Schaffen und Beenden eines Werkes auch dann um die, von Elfie so genannte Mehrfachverwertung, nämlich am Beispiel des ohne Leidenschaft geschriebenen Aufsatzes über Sozioökonomie, darum, dass sie den Studierenden auch heute noch ihre Erkenntnisse, also die eigenen Erkenntnisse, die in diesem Aufsatz aufscheinen, gerne vermittelt, aber für das Imagebuilding in der Struktur, im Wissenschaftsbetrieb, nicht mehr benutzen mag, warum, das erklärt sie jetzt am besten selbst, bitte.

A.E.: Ja, die Mehrfachverwertung von Gedanken, von einmal formulierten Gedanken, langweilt mich, weil sie mir keine neuen Erkenntnisse mehr verschafft, mir auch keine Art von Befriedigung verschafft, sie wäre im System aber hochfunktional, weil man quasi aus relativ wenig Denkenergie viele zählbare Leistungsnachweise produzieren könnte, das habe ich nie gemacht.

A.E.: Auch wenn es eventuell nützlich, auch für dich selbst, gewesen wäre?

E.M.: Ja, die Nützlichkeit hätte darin bestanden, dass ich im Sinne der hinausgeschobenen Befriedigung eben eine Zeit lang in diesem Karussell gut funktioniert hätte, also viele Aufsätze geschrieben hätte, was heißt eben, einen Gedanken vielfach ausgebreitet, mit geringen Veränderungen veröffentlicht hätte.

A.E.: Quasi auch als Markenzeichen etabliert dann.

E.M.: Richtig, um mich zur Marke zu machen, um alle Welt wissen zu lassen, dass ich mich mit dem Thema kompetent beschäftige, und in der Folge dann dadurch auch quasi eine Art von Anerkennung gewonnen hätte, die mich eventuell in irgendwelche elitären Zirkel gebracht hätte, oder die mich zu einer eigens für mein Thema eingerichteten Professur hätten bringen können, so dass ich dann Forschungsgelder erhalten hätte, um meine Ziele zu verfolgen, also das ist grundsätzlich möglich, so eine Art von sich bekannt machen und sich als wichtig erweisen und zeigen, ja. Ich habe das nicht gemacht, mich langweilt das, und im Übrigen glaube ich, dass die Inhalte sich unter der Hand verändern, wenn man in dieser Weise strategisch und pragmatisch damit verfährt.

A.E.: Also sich in Umlaufbahnen schießen möchte, in bestimmte, wie Herr Konrad Paul Liessmann, ich nenne mal diesen Namen?

E.M.: Beispielsweise, ja genau, also man wird dann jemand anderer, als man ist, glaube ich, wenn man dieses Klavier zu sehr bespielt, und mich hat es eben nie interessiert, das hat mehrere Gründe vermutlich, ein Grund dafür ist sicher auch ein vielleicht über lange Strecken mich kennzeichnendes geringes Zutrauen zu dem, was ich mache, also sozusagen [A.E.: Zu dessen Allgemeingültigkeit, oder?] die Wertschätzung meiner selbst, da habe ich also nicht unbedingt die Haltung eines von sich Überzeugten eingenommen.

A.E.: Ist das dann Wertschätzung oder ist das eher ein, was weiß ich, übersteigertes, in Richtung des botschafterischen gehendes Selbstbewusstsein, das …

E.M.: Ich halte das, was man in anderen Zusammenhängen eher als Krankheitsbild beschreibt, halte ich im Wissenschaftsbetrieb für eine gesunde Krankheit sozusagen, also eine, mit der man erfolgreich sein kann.

A.E.: Auch im Kunstbetrieb im Übrigen.

E.M.: Ja, im Kunstbetrieb mehr noch, da wird es also, da würde ich sagen, das wäre schon eine Persönlichkeitsstörung im psychologischen Sinne, die man da mitunter wahrnehmen kann, im Hinblick auf die unbedingte Besessenheit von der Wichtigkeit der Sache, die man selbst betreibt.

A.E.: Es ist die Frage, ob das dann noch Kunst ist, oder ob das dann Show ist oder Event?

E.M.: Wenn es Show und Event ist, ist es nicht die Krankheit, das Krankheitsbild, das voll ausgebrochene Krankheitsbild, also zynisch, als Zyniker kann ich das auch machen, das kann ich quasi sowohl im Kunst- als auch im Wissenschaftssystem, zynisch in Dienst nehmen, dann bin ich aber nicht verfallen in der Weise wie jemand, der getrieben ist und nicht anders kann.

A.E.: Der eine Grund, den du jetzt genannt hast, ist vielleicht mangelndes funktionales, also in dem System funktionierendes Selbstbewusstsein oder Sendungsbewusstsein fast schon, der andere, der auch schon anklang, ist eine Art Selbstgenügsamkeit, das hast du, glaube ich, mit dem für mich gar nicht nötigen Adjektiv „vermessen“ versehen, dass du dir mit deiner Leidenschaft, mit dem, was dir in deinen einzelnen Phasen, Themenfindungsphasen, wichtig ist, dir selbst genügst [E.M.: Mhm, ja.], ich sehe das nicht als vermessen, das hast du so bezeichnet und dazu auch ein Statement zu deinem Verhältnis zwischen dir und der Welt abgegeben.

E.M.: Ja, also etwas in mir ist davon überzeugt, dass das, was ich tue, gut und richtig und wichtig ist, das heißt, ich bin mir meines Werts bewusst, wenn die Welt das wahrzunehmen vermag, freut es mich, wenn das nicht der Fall sein sollte, stört es mich nicht weiter, das ist mir wurscht, das heißt, ich unternehme keine Anstrengungen, mich der Welt bekannt zu machen. Das ist vermessen, weil es einerseits quasi mir selbst eine Größe zuschreibt, die so eine Strahlkraft hat, dass, selbst wenn man alles versteckt und nicht herzeigt, die Welt es merken wird, andererseits ist es natürlich auch eine Form von sich dem Urteil der Welt nicht aussetzen, das heißt, es kann eine Entscheidung sein, dass man sagt, damit beschäftigt man sich gar nicht, das kann aber auch eine Art von Scham, Angst, Feigheit sein.

A.E.: Aber ist das Urteil der Welt, egal ob zu wissenschaftlichen oder künstlerischen Werken, nicht per se immer ein relatives? Also welchen Wert hat es für eine Struktur, welchem Eigeninteresse kann ich nachkommen mit einem positiven oder negativen Urteil über die Arbeit eines anderen, in diesem Fall über zum Beispiel eine deiner Arbeiten, ist es gut, sie als Freundin zu haben, indem ich sie lobe, ist es gefährlich durch ihre Position in diesem Betrieb, in dem Wissenschaftsbetrieb, sie als Feindin zu haben, weil ich sie kritisiert habe, also das ist ja alles, auch die Kritik über das Gelingen einer Arbeit oder das Misslingen ist ja strategisch, zumindest dauernd in Gefahr, strategisch motiviert zu sein.

E.M.: Ja ja, das spielt alles mit eine Rolle, aber diese ganzen Netzwerkstrukturen habe ich also nie mit benutzt oder daran gewebt, das war mir immer zuwider.

A.E.: Obwohl du den, im zweiten Teil des Interviews genannten Idealjob, also die Honorierung der bloßen Existenz der Elfriede Miklautz, ja vielleicht hättest erreichen können, oder vielleicht erreichen könntest, durch den oder mit dem Marsch durch die Instanzen, indem du, wie du es vorhin gesagt hast, eine Weile das Spiel möglichst brillant mitspielst, und dadurch, und durch dieses Markenbuilding, Imagebuilding, als Person so geschätzt wirst, dass dann hinterher die völlige Freiheit winkt, das ist natürlich eine trügerische Sache, der Marsch durch die Instanzen ist immer …

E.M.: Wie ich schon sagte verändert sich dann auch das, was man tut, also man ist nicht mehr die Selbe, und da hätte ich keine Lust darauf, erstens, und zweitens ist das auch trügerisch insofern, als die Beispiele, die mir vor Augen sind, von im Wissenschaftssystem erfolgreichen Leuten, zeigen, dass die mitnichten die Möglichkeit haben, dann ihren Interessen zu folgen, sondern dass die quasi Forschungsmanager sind, also man muss dann ja auch die Millionen, die man bekommt für die Verfolgung der eigenen Inhalte verwalten und klug verwalten und managen und Leute anstellen und in irgendwelchen diffusen Intrigen geschickt agieren, et cetera, das heißt, drei Jahre am Schreibtisch und niemand fragt dich etwas, kriegst du nicht.

A.E.: Ja, aber das war ja vorher die Vorstellung des Idealjobs.

E.M.: Ja, aber der ist so auch nicht erlangbar, das heißt, wer im Wissenschaftssystem dann zur Elite gehört …

A.E.: Der ist dann vielleicht in anderen Sachzwängen, aber auf jeden Fall auch in welchen.

E.M.: Ja, genau, und dem gehen die Inhalte immer mehr verschütt, weil die eben nicht mehr die dafür erforderlich Muße und die Zeit kriegen.

A.E.: Wir kamen über diese, auf das Verhältnis zwischen dir und der Welt, also der Betriebswelt, Wissenschaftssystem, über die Frage nach der Kritik, nach dem eventuell nicht verstanden werden oder unverstanden sein, wie man das nimmt, wenn das Feedback kommt auf ein Werk hin, das habe ich nicht verstanden, sagst du, wenn jemand interessiert ist, wenn ich den als Gleichgesinnten oder als gleich sinnlichen Menschen sehen kann, dann erkläre ich auch gern noch einmal, was ich gemeint habe, wenn dem zum Beispiel die begrifflichen oder die Kenntniswerkzeuge fehlen, um die Ebene, auf der ich da gearbeitet habe, nachzuvollziehen, wenn ich das zusammennehme mit dem, was du zuletzt gesagt hast über die Mauer, die du zwischen dir, oder die Grenze, die du zwischen dir und einer Art von Selbstverleugnung und einem Aufstieg ins System setzt, also dieses Selbstgenügsame, das würde ja, für mich impliziert das, dass es so etwas wie ein Scheitern in diesem Betrieb oder mit deinen Werken nicht gegeben hat, oder eigentlich auch nicht geben kann, oder gibt es irgendeine Arbeit, die aus einem Inneren, aus der Eigenbeurteilung oder aus der Beurteilung der Welt, die du dann, jetzt im Rückblick, als gescheitert sehen musst oder sehen könntest, also gibt es eine Erfahrung des Scheiterns, die für dich als Scheitern sich in deinen Erinnerungsgängen verfestigt hat?

E.M.[lange Pause]: Naja, Scheitern ist ein zu großer Begriff, also ich hätte Kritikpunkte an einzelnen Phasen meines Beruflebens, aber nichts davon wäre unter Scheitern subsumierbar.

A.E.: Und Scheitern bei einem Werk, ein Vorhaben, das nicht einmal, das nicht nur nicht gelungen oder lediglich leidenschaftslos gelungen ist, sondern das zum Beispiel nicht zu Ende geführt wurde [E.M.: Das gibt es, ja.], aber das betrachtest du nicht als Scheitern, sondern das passiert, das ist eine Art Betriebsunfall, nicht Scheitern?

E.M.: Ja, also die Themen, um die es dann da jeweils geht, die sind dann nicht für immer gestorben, die tauchen einmal auf, und dann macht man etwas daraus.

A.E.: Das heißt, there would be a new trial?

E.M.: Ja, genau, man hat es sozusagen verschissen, weil man sich zu wenig Zeit genommen hat oder einfach intellektuell gerade nicht fähig war, sich damit auseinanderzusetzen, oder faul war, oder so.

A.E.: Aber die Welt oder das Thema ist damit nicht für unmöglich erklärt oder zusammengebrochen?

E.M.: Nein, ein Thema zusammengebrochen, ich meine, Themen tauchen auf und man spürt, dass sie bedeutsam sind, und man versucht sich an ihnen, und mitunter sind sie vielleicht noch zu schwergewichtig oder so, also ich kann mich erinnern, dass ich am Ende meines Studiums, meines ersten abgeschlossenen Studiums, Interesse am Thema zum Verhältnis von Bild und Begriff hatte, ich würde sagen, ich habe damit nichts gemacht damals, aber ich würde sagen, dass das Projekt Kunst und Erkenntnis, wenn man so will, ein spätes Ankommen bei diesem Thema, das vor dreißig Jahren erstmals aufgekommen ist, ist.

A.E.: So, darauf wollte ich genau hinaus mit der letzten Frage, gibt es die, weil es, nach dreißig Jahren, sagen wir einmal, eine Art Ankommen jetzt gibt mit diesem Projekt, und mit einem künstlerischen Schaffensprozess, in dem du steckst, gibt es da eine andere Art von Hoffnung auf Gelingen, oder Angst vor dem Scheitern, als, jetzt in der Rückschau, auch auf jüngere, oder jüngste wissenschaftliche Werke?

E.M.: Ja, weil da habe ich quasi keine Routinen etabliert, von denen ich weiß, ok, du hast es noch immer hingekriegt, in dem Fall sind viele Schritte in diesem Prozess für mich unbekannt, ich kann sie eben vom Aufwand, von der Zeit, von der intellektuellen Energie überhaupt nicht einschätzen, und das beunruhigt mich stark, ja.

A.E.: Macht es nur Angst im lähmenden Sinn, oder treibt es auch?

E.M.: Nein, es treibt auch.

A.E.: Wie groß ist die Leidenschaft im Vergleich zu einem mit großer innerer Beteiligung verfolgten wissenschaftlichen Thema, oder einer wissenschaftlichen Arbeit an einem Thema?

E.M.: Ja, die Leidenschaft ist insofern größer, als this is, oder might be the way out, also das, worüber ich vorher gesprochen habe, diese Suche nach einer Ausdrucksform, nach einem Medium, um das, was mir wichtig ist, zu vergegenständlichen, und das ist die Chance, das jetzt experimentell auszuloten, was denn das für mich sein kann.

A.E.: Was ist Elfie Miklautz wichtig?

E.M.: Ähm, zu leben und nicht tot zu sein im Leben. Lebe wild und leidenschaftlich!

A.E.: Wiederhole das noch einmal bitte, ein bisschen lauter bitte.

E.M.: Man lebe tunlichst wild und leidenschaftlich.

A.E.: Tusch, danke, tschüss.